Donnerstag, 15. Oktober 2015

Wanderung durch einen Sumpf und was es mit Totempfählen auf sich hat

Heute sind wir mit dem Auto die ca. 6,5 km Straßen auf Cormorant Island abgefahren. Es gibt einen Kindergarten, eine Grundschule, ein Minikrankenhaus, Zahnarzt, Allgemeinmediziner, Drogerie, Supermarkt , Friseur mit angeschlossenem Fitnessstudio. Wir parken am Campingplatz auf dem Hügelkamm , von dort gehen die Trails der Insel los, zunächst gehen wir entlang des Big Tree Trails und finden tatsächlich einige ganz schön große Douglasien. Es ist nebelig, noch kühl  und zwischen den Bäumen ziehen graue Schwaden entlang. Das Unterholz ist sehr dicht und wir fragen uns, ob es auf der Insel wohl Schwarzbären gibt. Für alle Fälle machen wir an den dichtesten Stellen ein bisschen Krach, aber die Mülleimer auf der Insel sind nicht wirklich bearsafe und ich sehe auch keinen Bärendreck. (Jetzt habe ich nachgeforscht, es gibt keine Bären und Pumas). Schließlich ist die Insel wahrscheinlich zu klein, obwohl es hier jede Menge Beeren gibt. Nach dem Trail durch den verwunschenen Wald kommen wir in das Bog (Moor/Sumpf)-Gebiet, durch das ein Boardwalk gebaut wurde, so dass man ganz nah an allen Pflanzen ist. Wenn der Wald schon verwunschen war, so ist dies ganz sicher der Ort, wo die Waldhexe wohnt. Eigentlich heißt sie Dzunukwa (Wilde Waldfrau). Sie beherrscht die Kinder, die Wesen und Geister des Waldes und fängt und frisst kleine Kinder. Allerdings ist sie nicht sehr schlau und so kann es gelingen sie zu überlisten und ein gefangenes Kind aus ihrer Kiepe wieder entkommen zu lassen. Ihre erhobenen Hände bedeuten Gefahr, sie ist schwarz und hat einen offenen Mund mit dicken Lippe und eine Hängebrust.
Glücklicherweise begegnen wir aber die Dzunukwa nicht usondern nur eine Frau, die ihren kleinen Terrier ausführt.
Eine Merkwürdigkeit gibt es aber zu berichten: Armin, der auf dem Boardwalk ein Stück vor mir ging, hat ein großes Tier vorbeilaufen sehen, dass entweder ein großer streunender Hund oder ein Wolf war. Als ich am Spätnachmittag in der Nähe des Umista Museums Totempfähle abgezeichnet habe, hörte ich ein Heulen, dass wie das eines Wolfes klang. Hunde können natürlich auch heulen. Aber vielleicht war es auch der legendäre Waldmensch, der Sasquatch, der sich hier umgetan hat. Es gab nämlich im September bereits so viele Handytonaufnahmen von Heulen und Schreien, dass ein bekannter Sasquatch-Forscher auf die Insel gekommen ist. "B.C. has the highest number of Bigfoot sightings out of any province, with 130 recorded sightings between 1924 and 2013, according to the Bigfoot Field Researchers Organization.", darüber berichtete auch CTV Vancouver News: http://vancouverisland.ctvnews.ca/very-eerie-bizarre-howls-spark-sasquatch-hunt-on-remote-b-c-island-1.2578210
Wer weiss, was (wen) wir gehört haben.......!

Nach dem Waldspaziergang gehe ich noch in das Haus Culture Shock, das heute aufhat. Darin treffe ich die Frau mit den (blonden) Zöpfen wieder, der die Galerie in unserem Gasthaus gehört und die Schmuck anfertigt und in deren Laden allerlei Selbstgehäkeltes und Gestricktes von den Frauen im Dorf verkauft wird. Ich habe ihr wenigstens Lesezeichen abgekauft. Der Culture Shock Laden gehört aber einer First Nation Frau. Auch hier gibt es vor allem Schmuck. Ich kaufe mir wunderschöne Perlmuttohrringe und komme mit der Frau ins Gespräch. Sie fragt, ob ich gleich wieder mit der Fähre abfahre, aber ich sage, dass wir keine Tagesbesucher sind, sondern drei Nächte auf der Insel bleiben. Sie fragt, ob wir schon im Umista-Museum gewesen seien und ich bewahre das. Ja, auch den dort gezeigten Film von einem Potlatch hätten wir schon gesehen. Da erzählt sie, dass sie den Film gedreht habe und zeigt mir 5 Filme, die sie gemacht hat in einer Zedernholzkassette, die aber CanD 190,00 kostet. Mich interessiert die Kunst der Indianer, aber vielleicht so sehr dann doch nicht. Ich erzähle, dass wir ein Box-Set DVD´s zuhause haben, moderiert von David Attenborough und gefilmt in den 70er Jahren mit dem Titel Tribal Arts und dass wir darin, noch nicht wissend, dass wir nach Kanada fahren, eine Sendung über die Kunst der Indianer im Nordwestpazifik gesehen hätte, Darauf sei ein Bericht aus Haida Gwaii (Queen Charlotte Island) und von dieser Insel gewesen, inklusive der Darstellung eines Potlatchs im Big House. Da erzählt mir die Dame, dass dies ein Potlatch gewesen sei, den ihre Oma initiiert hätte und sie könne sich noch gut an David Attenborough und den Regisseur erinnern, die im Haus der Großmutter Mittag gegessen hätten. Sie selbst sei als 13-jährige auch auf dem Film zu sehen.

Mit dem Potlatch hat es das Folgende auf sich: Es sind Zusammenkünfte, die mit oft hunderten Clanangehörigen in einem Longhouse/Big House abgehalten werden. Die Familie, die einlädt, demonstriert ihren Wohlstand mit der Zurschaustellung kunstvoll geschnitzter Masken, Kostüme, Schmuck und Gebrauchsobjekten. Es werden die seit dem letzten Potlatch Verstorbenen in einem Tanz geehrt, weitere traditionelle Tänze um ein Feuer aufgeführt und Geschichten und Legenden erzählt. Das Potlatch unterbricht die langen Wintermonate, in denen die Dunkelheit dir Geister wieder nährgebracht hat. Der Einladende verteilt auf dem Potlatch an die Anwesenden viele Geschenke ( von Geld über Wolldecken, Töpfe, Mixer und Schüsseln), beim nächsten Potlatch erwartet man dann, dass man ein Geschenk von höherem Wert als Gegengabe macht.

Im Umista Museum sind die bei den Tänzen verwendeten Masken ausgestellt. Darunter ist eine wunderschön geschnitzte Maske, die einmal André Breton gehört hat und der sie in seiner Bibliothek aufgehängt hatte. Er hat sie später aber den First Nation  zurückgegeben.

Neu geschnitzte Masken kann man hier auch kaufen , die Preise liegen bei etwa 500 CanD aufwärts. Ein neu gestalteter Totempfahl kostet etwa 6.500 CanD pro METER. Kein Wunder allerdings, den neben der Arbeit, die drin steckt, kostet das Zedernholz so viel (wie berichtet).
Jay, der Guide in der Lodge hat erzählt, dass er eine First Nation Freundin hat, die aus Zedernrinde Körbe nach alter Kunstfertigkeit erstellt. Er hat beim Vorbereiten (Einweichen, Fasernderen usw.) einmal geholfen. Der Korb war hinterher so dicht, dass man darin Wasser transportieren konnte. Jay meinte, es wären so viele Arbeitsstunden, dass 700,00 CanD nicht zu wenig dafür wären. Auch die traditionellen Hüte werden aus diesen Fasern geflochten.

Jetzt noch einmal was zum Totempfahl:
Der Totempfahl (Stammbaum), geschnitzt aus riesigen Zedernholzstämmen  ist eines der wichtigsten Kunstobjekte der Küstenindianer. Der vollendete Totempfahl wird mit traditioneller Feierlichkeit aufgestellt und er "lebt" und "altert" wie ein Mensch. Ein Totem Pole ist aus den Figuren der Familiengeschichte und des Familienwappens zusammengesetzt. (Clan der Raben zum Beispiel). Der Totem Pfahl wird von unten nach oben gelesen und die unterste Figur ist zumeist die Bedeutendste. Häufig werden Schnabel oder Flügel eingefügt.
Häufige Tierfiguren in Masken, Kostümen, auf Schmuck und Totempfählen sind: Wal, Hai, Lachs, Frosch,Adler, Bär (häufig mit Lachs in der Tatze), Biber, Wolf, Orca, Mensch und Waldmensch und natürlich Thunderbird, der Donnervogel.
Quelle: Infos entnommen der Broschüre: Karin Clark, "Die Kunst der Indianer an der pazifischen Nordwestküste:Sehen und verstehen, Ravenpublishing 2007.

Am Nachmittag lädt die Terrasse ein zum Sonnen und Lesen.
Morgen geht es weiter nach Madeira Park. Wir müssen drei verschiedene Fähren nehmen , die natürlich nicht perfekt koordiniert sind. Mal sehen, ob wir zuletzt erst die 21.00 Fähre bekommen. Hier geht es jedenfalls um 9.30 mit der ersten Fähre los. Zu fahren sind insgesamt nur 4 Stunden.

Wir könnten uns gut vorstellen, noch mehr Zeit auf Cormorant Island zu verbringen. Ein wunderbar gemächlicher Rhythmus , überschaubare Aktivitäten und man könnte auch noch einen Ausflug nach Malcolm Island machen, wo mit der Ortschaft Sointula Finnen ihr Arcadia gesucht haben:

"Sointula means “place of harmony” in Finnish. This charming seaside town on sprawling Malcolm Island was established as a community in the late 19th century when a colony of Scandinavian settlers arrived with utopian dreams of building the perfect community. While that vision was derailed within a decade, there’s no question these visionaries chose the right place for a fresh air and salt water paradise on earth."
http://www.vancouverislandnorth.ca/communities/sointula/

P.S.: Wir fahren dauernd an Schildern vorbei, wo 49 bzw weiter nördlich 50 Breitengrad steht. Ich habe mal nachgeguckt: Köln/Leverkusen liegen auch auf dem 50. Breitengrad. Ich hätte gedacht, wir seien viel weiter nördlich!

Regenbogen Johnston Strait


Blick von der Terrasse

Alter Pier, Alert Bay

U´mista Haus der Nahgis First Nation, Alert Bay

Schulkinder stellen aus

Chief Takush Fischerboot in Alert Bay

Seine Boat Inn, unsere Unterkunft

Treibholz (Stamm mit Wurzel)

Gespenst in der Dunkelheit: BC Nachfähre Port Neil nach Alert Bay

Beim Aufwachen: Nebel

Hauteinkaufsstraße von Alert Bay

Hoke Bäume, Big Tree Trail, Alert Bay

Größenvergleich (wenn Armin den linken Teil mit aufgenommen hätte...)

Bog Trail - auf dem Holzsteg durch den Sumpf

Flechten wie Bärte überall

Feen im See?

Vereinsheim Fußballplatz

Welthöchster Totempfahl (50 m)

Basis des großen Totempfahls

Nebelbänke

Fähre kommt tutend aus der Nebelbank

Wir sitzen in der strahlenden Sonne 
Unser Einzimmer-Apartment

Terrasse (geht einmal rum)




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