Mittwoch, 7. Oktober 2015

Flucht vor den Vögeln und Suche nach dem Wal

Der Abend gestern begann mit einem furiosen Technicolor Sonnenuntergang. Danach waren wir essen im "Wolf in the Fog", auf der oberen Terrasse unter Heizlampen. Ich als Nichtfischesser habe es hier nicht ganz einfach. Als Starter gab es Grünkohlsalat mit Nüssen , danach hatte ich einen Burger (die Alternative auch hier Cornish Hen, hatte ich ja auch schon). Armin hatte Thunfisch mit Pfifferlingen. Auf der Straße ist nicht mehr so viel los und so fahren mit Riesentempo Skateboarder darauf entlang, der Zebrastreifen vor dem Restaurant ist mit Delphinen inmitten der Streifen gemalt, der andere mit graphischen Mustern. Tofino war früher ein Hafen und Versorgungsort , dann kamen die Hippies und danach der Ökotourismus. Das ist alles stimmig gemacht. Foodcart mit Namen Tacofino, Schokoladenmanufaktur, Mikrobrauerei, Bioladen, Kaffeerösterei , alles da und das auch noch gut + typische Laid-back Atmosphäre der Westküste. Und wenn das Surfboard eine Macke hat, kommt der Surf-Board-Medic und weiß Rat!

Heute morgen geht es erst einmal an den Strand, Armin schläft noch, die Sonne geht rosa auf und ich ziehe mir Jeans und Pullover an und mache erst einmal eine lange Strandwanderung. Außer mir sind nur Hundebesitzer und Jogger unterwegs. Die Wolken stehen wie gestern Abend bunt gemischt mit blau am Himmel und das Licht ist immer wieder wohl das, was man ätherisch nennt. Im nassen Sand spiegelt sich das Blau des Himmels. Raben versuchen Muscheln zu knacken, eine ganze Schar. Man nennt die Schar bei Raben im englischen "an unkindness of ravens". (Andere Beispiele: a murder of crows, a crash of rhinos, a mischief of mice, and a puddling of ducks (specifically swimming ducks), schöne poetische Spracheigenschaft.Zum Frühstück geht es nach Tofino in das Café "Tuff Coffee". Nun folgt meine zweite Vogelbegegnung des immer noch frühen Morgens: Wir sitzen im Café an einem schönen Tisch am Fenster, gleich neben der Eingangstür. ich hebe gerade meinen großen Becher ,randvoll mit Kaffee, hoch, da fliegt 5 cm über meinem Kopf ein Vogel entlang, vor Schreck - und weil ich mich unwillkürlich und ziemlich hastig ducke, platscht ein Teil des Kaffees auf den Tisch. Ich gehe vorsichtshalber ein paar Meter entfernt in Deckung. Zwei Spatzen waren hineingekommen in der Hoffnung auf Krümel. Der Stuka-Spatz ist wieder draussen und ich setze mich wieder hin. Es dauert ungefähr zwei Minuten, da kommt das Zwei-Spatz-Geschwader wieder herein. Ich beschließe, lieber auf der Terrasse zu essen, da gibt es auch Spatzen, aber die haben hier mehr Platz zum Fliegen. Dafür fängt es draussen ein bisschen an zu regnen. Ich sitze unter dem Sonnenschirm aber Armin bekommt einen nassen Rücken. Die Bedienung tröstet ihn damit, dass (Sonne scheint gleichzeitig), die Regenbogen in Tofino die besten seien.Nach dem Frühstück erfahren wir bei Ocean Outfitters, dass wir immer noch die Einzigen für den Bootstrip sind. Aber ein halbe Stunde später werden wir angerufen, es hat geklappt, Trip kommt zustande.Es sind dann tatsächlich insgesamt 8 Leute noch zusammengekommen. Ein Wal wurde vor Long Beach gesichtet, das ist ein ganzes Stück die Küste entlang, vielleicht 15 km auf der Straße. Wir werden gewarnt, dass es ein paar ungemütliche "kleine" Wellen gebe. Ich sitze draussen im Heck, ungefähr eine Viertelstunde , dann ist meine rechte Seite nass und ich gehe kleinlaut in das Bootsinnere, obwohl der Skipper gemeint hat, draussen sei das Schaukeln am besten zu ertragen. Einmal auf der offenen See ist von kleinen Wellen übrigens nicht mehr die Rede, Rollercoaster Ride heisst es jetzt, Achterbahn fahren also. Man fährt auf eine 2 Meter Welle zu (fühlt sich an wie Fahren über eine fette Bodenwelle) und weiss genau, dass man dahinter 2 Meter runterklatscht. Das Boot ist aus Metall, etwa 6 Meter lang und hat zwei Außenborder von Mercury, die jeweils 60.000 kanadische Dollar teuer sind. Das sind etwa 45.000 Euro. Glücklicherweise sind wir dann irgendwann am Long Beach und mein Magen hätte auch keine weiteren 5 Kilometer mehr mitgemacht. Auf 12 Uhr wird der Wal gesichtet, es ist ein großer Grauwal, man sieht allerdings nur die Wasserfontäne. Die lässt sich nie fotografieren, denn wenn die da ist und man abdrückt, ist sie schon wieder weggewesen. Da man nie weiss, wo der Wal wieder auftaucht, lässt sich also auch nicht prophylaktisch fokussieren. Man macht praktisch immer Bilder von Wellen, in die man einen Karikatur-Wal hinein kopieren müsste mit einem Pfeil: Da war der Wal! Gewesen!Ehrlich!Beim Whalewatching in Massachussetts hatten wir Humpbacks, also Buckelwale gesehen, die tatsächlich mit den Flossen klatschten und sich aus dem Wasser herauskatapultierten. 

Unser Grauwal hier frisst aber nur gemütlich wie ein Schlammsauger vor sich hin. Auf einem Bild habe ich dann wenigstens den Rücken erwischt!Wir kommen noch an einem Fels mit vielen Steller-Seelöwen vorbei und an einem anderen mit Seehunden, die wie dicke haarige Zigarren auf dem Felsen dösen.Zurück und festen Boden unter den Füßen habend, wird der Magen mit einem Zimt-Pfirsich Muffin beruhigt und dann heisst es mit Buch und Decke und Kaminfeuer auf die Couch!

So, jetzt sind wir zurück vom Abendessen im Restaurant "Shelter" in Tofino, ein weiterer Beweis, dass in diesem Ort gute Restaurants offenbar das ganze Jahr über genug zu tun haben, um eine überzeugende Qualität anbieten zu können. Armin hatte als Vorspeise Chowder, in dem ALLES drin war, was hier so herumschwimmt. Ich hatte warmen gedünsteten Grünkohl mit Baconwürfeln, gedünsteten Zwiebeln, Ziegenkäse und Vinaigrette. Neben uns am Tisch eine Familie mit zwei bildhübschen Huskies. Es gibt Wärmestrahler und Gelkaminfeuer und wir sitzen sogar wieder auf der Terrasse!Heute morgen beim Frühstück spielten sie Stones und ähnliche Oldies, heute Abend gibt es Reggae Musik.

Licht beim Morgenspaziergang 1

An Unkindness of Ravens

Nach dem Sonnenaufgang: Erste Strahlen auf der Insel links


Sonnenaufgang

Sonne noch ein bisschen höher (Balkonblick)

Rabenschwarz

Eishaus im Hafen von Torino

Blick auf die First Nation Siedlung auf Meares Island

Unser Hotel, Morgnspaziergang

Wasserflugzeug in Tofino

Regenwald hinter dem Hotel

Schild in Tofino

Hotel vom Boot aus: The Wickaninnish Inn

Stellar-Seelöwen

Stellar Seelöwen

Auf der Suche nach dem Wal (der auch noch grau ist)

Der Grauwal(-rücken)

Adlerhorst

Seehunde-Zigarren

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