Mittwoch, 11. Mai 2022

Lachs in Dosen und holzgeschnitzt

 Der Lachs spielt eine enorme Rolle im Kreislauf des Lebens am Pazifik. 

Salmon are themselves a proud race. They are happy to come ashore each year and give their rich flesh to feed the people, but they must be treated with respect.                                                                                                          Donna Joe, Salmon Boy

Noch im offenen Pazifik stellt der Lachs die Nahrungsgrundlage für Seehunde , Seelöwen und Orcas dar, einmal im Fluss  auf dem Weg zum Ablaichen sodann für Bären , Wölfe und Raubvögel. Viele Arten des pazifischen Lachses sterben nach dem Laichen und dienen als effizienter Dünger für die Natur ringsum die Flüsse. 

Wir Menschen ( außer mir) essen gerne Lachs und zu den Zeiten der riesigen Lachsströme konnte manntest viele Fische fangen, aber mangels effizienter Kühlketten nicht über weite Entfernungen verkaufen. Also musste der Lachs in die Dose. Entlang der pazifischen Küste entstanden viele Fischfabriken, die sogenannten Canneries, Singular Cannery ( von engl. can = Dose). 

Wir besichtigen heute eine solche ehemalige  Cannery, gelegen am Ufer des Skeena Rivers, kurz vor der Mündung als Ästuar in den Pazifik. In der Umgebung gab es viele Canneries. Im nicht weit entfernten Port  Esselton lag der große Konkurrent, der aber aufgrund der Wegstreckenführung der Great  Pacific Trunk Railroad aber vom Zugang zu Transportwegen abgehängt wurde, währen hier, bei der besichtigten Cannery, die Eisenbahnstrecke von Prince Rupert zum über 700 km entfernten Prince George und weiter direkt hinter der Fischfabrik verläuft. 

Während des „salmon runs“ arbeiteten hier zwischen 700 und 1000 Mitarbeiter. Anfangs nur im Sommerhalbjahr ab Mai, später dann ganzjährig und nach fortgeschrittener Mechanisierung auch weniger Arbeiter. Im Winter wachte ein Wächter über die Anlage. Ein raffiniertes  System sorgte schon damals dafür, dass er an mehreren Stellen durch Drücken eine Art Marke in Papier  prägen  musste, die der Geschäftsführer  nach seiner Rückkehr dann kontrollieren konnte. 

Ganzjährig nutzte man dann später im Winterhalbjahr  die Zeit für den Heringsfang.

Es gab eine strenge Hierarchie: Oben waren die Weißen, die für Management, die Sachbearbeitung und den Laden  verantwortlich waren. 

Dann kamen die Japaner, die  Bootsbauer  waren und die Boote in Stand hielten. 

Weiter unten in der Ordnung der Zeit die Chinesen, die vor allem in der Fischverarbeitung tätig waren und schließlich am Ende der Hierarchiepyramide die First Nations People , die wegen ihrer einschlägigen Erfahrung für den Fischfang und die Netzherstellung und Instandsetzung zuständig waren. 

Alle lebten in verschiedenen Häusern, was rassistischen Untertöne hatte, aber (auch?!) dem praktischen Umstand geschuldet war, das man sich untereinander sprachlich verstehen konnte. Es scheint so, als habe es durchaus auch Kontakte und Austausch zwischen den einzelnen Gruppen gegeben. Auch wurde zwar anfangs ( bis es Sozialgesetze gab) fast nur gearbeitet, aber es wurde auch gefeiert, getanzt und geheiratet. Die großen Lofts boten viel Raum dafür. 

Während der Führung, die wir mitmachen, dürfen wir auch in den Netzloft. Dort arbeiteten nur First Nation Frauen an den „gill“ ( englisch für Kiemen) -Netzen. Sie waren so grobmaschig, dass viele Fische durchschlüpfen konnten, die Lachse aber darin hängen blieben. Die Netze wurden vorhangartig ausgebracht und siechstem von einer zartgrünen Farbe, eine Tarnung. Eingefärbt wurden die Fasern draussen in großen Bottichen mit Kupferoxid. Gesund war das nicht! Die Kinder waren mit auf dem Netzboden, dort hing eine Schaukel und sie spielten mit Allem was da war.

Die Fischverarbeitung erfolgte an langen Tischreihen, eine vorweggenommene Fließbandarbeit . Am Snfang mussten Chinesinnen die Fische in einem Becken mit eiskaltem Wasser waschen. Sie standen dabei mit den Füßen in heißem Wasser. Trotzdem bekamen viele Arbeiterinnen schnell Arthritis, weil die Hände immer im kalten Wasser waren.  Ein typischer Arbeiter stopfte zum Beispiel  den gewaschenen, ausgenommenen und zerkleinerten Fisch in Dosen aus Zink, er schaffte 70 Dosen in einer Minute.Der Fisch kam roh in die Fose und wurde erst nach dem Verschließen im Dampfkocher bei 240 Grad 90 Minuten gegart. Ich verstehe nicht,,warum die Dosen nicht explodiert sind dabei. 

Die später angeschaffte automatisierte ? aber immernoch heute museumsreife) Maschine schaffte hingegen 240 Dosen  in der gleichen Zeit. 

Anfangs wurden die Dosenränder noch mit Blei versiegelt, die hohe Toxizität war noch nicht bekannt. So bei der Scott Expedition zum Südpol. Blei aus Konserven war eine mögliche Todesursache für Scotts Crew. Amundsen, der den Wettlauf zum Südpol gewann, hatte auf Dosen verzichtet! 

Der Lachsfang erfolgte in mehreren offenen Ruderbooten, die wie Perlen einer Kette zusammen gebunden wurden. Ein größeres Boot schleppte sie heraus und versorgte die Bootsreihe mit Lebensmitteln, da die First Nations Fischer 6 (sechs!) Tage am Stück darin verharren mussten. Ohne Verdeck, ohne Schlafstätte , ohne Toilette! Erst danach wurden sie abgelöst. 

Viele Geschichten könnte man noch zur großen Zeit der Canneries erzählen. 

Wir aber machen uns leicht durchgefroren und begeistert auf den Weg zurück zum nahen Prince Rupert, wo schon das nächste Museum wartet. 

https://northpacificcannery.ca/cannery-history/the-industry/

Das nächste Museum zeigt Exponate zur Geschichte und Kultur von Nord British Columbia. Es geht um Canneries, die Eisenbahn und vor Allem um die lange Zeit der Besiedelung durch die First  Nations und deren bis heute lebendige Kultur. Dieser widme ich aber einen separaten Blog! 

Netze 

Blick zum Netzloft 



Feierabendbier 

Trankochen zur Resteverwertung 

Farbpalette Netze 

Kontor 

Gewerkschaftsarbeit 

Dampfkochtopf 


Regentag 

Firmenschild 

Schlafhäuser 

Im Company Store 

Stelzenhäuser 

Ausblick 

I owed  my soul to the company store 

Etikette, auch zum Export 

Arbeitsreihe/linie 

Machine : Keilriemen  an der Decke  


Das Loch für die ausgeweideten Gedärme 

Netzloft

Boardwalk zwischen den Häusern

Netze 

Dosen 

Die neue Verarbeitungsmaschine 

Gardinen an Fenster eines Hauses  der „Weißen“

Die nachfolgenden Fotos zeigen alle First Nation Kunst aus dem Museum of Northern British Columbia . 

 First Nation Kunst

 First Nation Kunst

 First Nation Kunst: 4 Generationen Frau

 First Nation Kunst mit Abalone 

Gewebt:  First Nation Kunst

Geflochten aus Zedernrinde

Geschnitzt:  First Nation Kunst

Maske:  First Nation Kunst



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