Donnerstag, 16. Juli 2020

Viel los in Goslar und herrliche Ruhe im Kloster Drübeck

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Armin hat seine Grundausbildung bei der Bundeswehr 1971 im Unterholz und gefrorenen Gras von Goslar verbracht, daher ist dies Grund Nr. 1 für einen Ausflug dorthin! Nr. 2 ist der Welterbestatus. Dieser beruht vor allem auf dem Stadtbild mit rund 1.000 verschieferten oder / und in Fachwerkbauweise gebauten denkmalgeschützten  Häusern , seiner Kaiserpfalz und der 1000 Jahre lang betriebenen Silbermine Rammelsberg.
Tatsächlich  sind die Blicke auf  Fachwerkhäuser schon zur täglichen Routine geworden und nicht mehr so aufregend. Spannender ist da die berühmte Pfalz der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nationen. 
Hauptattraktion dort ist der große Reichssaal mit 47 m Länge und 17 m Breite. Vor dem ab 1868 in ( neuer) kaiserlicher Pracht restaurierten Gebäude steht eine Schlange calvin vielleicht 30-40 Leuten, die sich allerdings höchst selten bewegt. Abwechslung bietet das Zuschauen bei einer Hochzeitsgesellschaft, die auf die standesamtliche Trauung anstößt. Als der Regen stärker wird, guckt die Braut in einem ärmellosen Kleid nur noch dann freundlich , wenn für ein Gruppenfoto einmal wieder auf den Auslöser gedrückt wird. Es dauert endlos , da für eine Familie oder ein Paar immer mindestens die gleiche Zahl Leute rauskommen muss. Hinter mir eine Frau um die 70, die mir dauernd im Rücken  hängt. Drinnen nutzt sie die dann erst aufgezogene Maske  als Mundmaske. Als sie mit dem Fotoapparat auf die Vortragende der Coronasitzführung hält, wird sie scharf von der Vortragenden angemahnt, kein Video zu machen. Ha! 














23 Hoftage wurden hier abgehalten, der letzte 1219 unter dem Staufer Friedrich II. Im Riesenreich von Dänemark bis Italien mit minimalen Kommunikationsmitteln und langen Wegen musste der Kaiser noch zu den Repräsentanten seiner  Gebieten reisen statt umgekehrt. 5.000 Einwohner sahen sich dann einem Tross von 4.000 Besuchern gegenüber. Die Pfalz wurde als Wirtschaftsbetrieb aber auch zwischen den Besuchen aufrecht erhalten!

Nach dem ziemlich vollen Goslar fahren wir weiter über Ilsenburg (Regen) zum Kloster Drübeck ( Regen). Ich überrede Armin zu Parken und ein bisschen im Auto zu warten , ob es nicht doch bald aufhört. Nach 1/4 Stunde macht er den Motor wieder an, aber es gelingt mir , auf den Hauch einer Wolkenlücke hinzuweisen. Tatsächlich hört es auf und wir steigen aus! 
Das Kloster wird  heute von der evangelischen Kirche betrieben und verfügt über einen sehr gut aussehenden Gästehausbetrieb, der auch Externen offen steht. Wer in den Harz möchte, sollte ggfs einmal hier nach Zimmern gucken. Die gesamte Anlage von der Kirche ,zurück gehend auf die  Zeit Ottos des Großen (960 n. Chr.) , über die Gärten, alle Gebäude und das Café sind geschmackvoll und stilsicher restauriert . Überall Rückzugsecken , Bänke, stille Plätze. Zum Ensemble gehört auch ein toller Nutzgarten und Weiden mit Bienen, Schafen und Hochlandrindern sowie Streuobstwiesen. Goßartig ist auch das Lavendelbeet. Oh, und die Sommerlinde von 1730(!).
Herrlich! 
www.kloster-drübeck.de 


















Mittwoch, 15. Juli 2020

Die Stolbergs, Rotbart, Münzer und Luther

Ein 100 %iger Regentag, aber pro Stunde eher nur 60 %. Da bietet sich doch ein bisschen Autowandern an!
Wir fahren zuerst nach Stolberg, Stammsitz nicht der Wernigerode- Stolbergs, sondern der Stolberg-Stolbergs. 
Den Ort erreichen wir nach einer Fahrt durch das wirklich malerische Selketal, komplett mit tiefen Wäldern, verlassenen Erzbergwerken und Schmelzöfen. Die Stadt wurde weder verheert, noch durch Brànde und Bomben zerstört, daher pure Fachwerkhäuser Architektur mit roten Dächern, die Häuser entlang eines Flusses gebaut und  manche noch aus  dem Mittelalter! Über der Stadt thront das Schloss, eine Art befestigte Burg mit Türmen und großem Innenhof. Seit 2000 gehört es der Stiftung für Denkmalschutz, die es abschnittsweise renoviert. Im jetzigen 5. Bauabschnitt soll ein Teil zum Hotel um- und gebaut werden. In einem Flügel ist das Museum der Stadt, andere Teile sind nich komplett unrenoviert.  Von der Seitenterrasse hat man einen tollen Blick in  das Tal! 
1525 soll Luther am Hang des Hügels unter einer Buche gesessen haben und das Erscheinungsbild der Stadt von der Form her mit einem Vogel verglichen haben.
Helga und Heinrich waren hier übrigens auch an einem Mittwoch , aber dem 22.06.2005! Danke an Franke! 




















Weiter geht es zum Kyffhäuser, einem Höhenzug, der zu großen Teilen schon in Thüringen lebt. Wir fahren durch bis Bad Frankenhausen, wo sich das Panoranamuseum befindet . Danke, Uschi , für den Hinweis, dass es sich sehr lohnt! 
Es beherbergt ein episches Monumentalbild des Malers Werner Tübke.

Hier ein paar Daten aus Wikipedia:
 Die Leinwand (und damit das Bild selbst) ist 123 m lang und 14 m hoch. Sie wog unbemalt ungefähr 1,1 t und ist zwischen einem oberen und einem unteren Stahlring mit je knapp 40 m Durchmesser gespannt. Gewebt wurde sie in einem Stück im Textilkombinat Sursk in der Sowjetunion. Der damalige Kulturminister der DDR, Hans-Joachim Hoffmann, der sich sehr für das Projekt einsetzte,hatte die Leinwand persönlich in der Sowjetunion bestellt.

Der ortsansässige Autosattler Günter Hohlstamm nähte die beiden Enden passgenau zusammen und präparierte die Längsseiten für die Ringe. Nach der Aufspannung versah ein sowjetisches Spezialistenteam die Leinwand mit einer Grundierung nach einer alten russischen Geheimrezeptur.

Tübke verteilte auf die 1722 m² große Fläche mehr als 3000 einzelne Figuren, wovon die größten über 3 Meter messen.

Der Maler selbst musste die Arbeiten zeitweilig unterbrechen und seinem Kollegen Eberhard Lenkdie Ausführung überlassen, weil die Überanstrengung einen Muskelriss im Daumen hervorgerufen hatte.

Das Bild ist durch einen umlaufenden Graben und Geländer vom Besuchersaal getrennt, um Berührungen und Beschädigungen zu verhindern. Es wird bei den Führungen von einer größeren Zahl von gedämpft leuchtenden Scheinwerfern angestrahlt, während der Saal selbst im Halbdunkel bleibt. Somit kann sich die plastische Wirkung des Rundbildes optimal entfalten.“

Das Ergebnis ist großartig! Ursprünglich wollte die DDR als Auftraggeberin ein Schlachtengemälde der entscheidenden Schlacht des Bauernkriegs, die an dieser Stelle stattgefunden hatte, haben! Tübke malte stattdessen einen Kreislauf des Jahres, des Lebens. Er malte über Versuchungen seit Adam und Eva, die Erbsünde, über Selbstzweifel , über menschliche Abgründe. Er malte den vergeblichen Aufstand  der Bauern , die vernichtend geschlagen werden würden und einen bereits resignierenden Thomas Münzer (der übrigens im vorher besuchten Stolberg geboren wurde). 

Man darf keine Fotos im Museum machen und das Bild wäre auch urheberrechtlich geschützt. Daher nur ein paar Aussenfotos:



Blick auf den Kyffhäuser 



Wir fahren weiter nach Eisleben-Lutherstadt. 10.000 Menschen wurden hier arbeitslos, als 2000 der Kupferbergbau eingestellt wurde. Bis zu 150 m hohe Halden sind noch heute Erinnerung an diese Zeit. Luther wurde hier geboren und ist hier gestorben. Eine nette Anekdotevist, dass die Stadt sein Sterbehaus gekauft und zum Museum gemacht  hat. Ein nicht sehr großes, aber altes Haus. Dort ist er  allerdings  gar nicht gestorben, Unterlagen wurden vor dem Kauf verwechselt. Das wirkliche Sterbehaus liegt etwa 100 m weiter und ist ein Hotel! Trotzdem ist das falsche Haus als Sterbehaus Luthers zu besichtigen. Leider war die St Andreas Kirche wegen Bauarbeiten geschlossen. Besichtigungsmäßig operieren wir glücklos! Helga, Ihr wart drin! 

Jetzt ist der Handyakku fast leer, daher Schluss für heute. Von Eisleben  geht es sowieso zurück nach Quedlinburg.