Montag, 22. Juli 2019

Die großen Prärien Nordamerikas

Gestern morgen um halb 7 (immerhin) : Der Jetlag lässt uns nicht mehr schlafen, ich mache eine Kanne Kaffee und öffne die Vorhänge des Zimmers im Residence Inn in Fort Collins. Nach dem Regen des vorherigen Abends sind zwar überall noch Tropfen auf den Oberflächen, aber der Himmel ist strahlend blau. Wir gehen zum Frühstücksbereich und das free breakfast ist eher auf der guten Seite der amerikanischen Kettenhotellerie, die ja sowieso zumeist einen ordentlichen Job macht. Nach dem Essen fülle ich zwei To Go Becher mit Kaffee und unsere Wasserflasche mit Eiswasser, der Wagen ist bereit für den Roadtrip.

Ungefähr nach 70 km kommen wir über die State Line nach Wyoming und halten in Cheyenne, der Hauptstadt von Wyoming, die goldene Kuppel des Kapitals glänzt und zeigt uns den Weg nach Downtown schon von Weitem. Cheyenne hat 50.000 Einwohner und einen vergleichsweise großen Business District. Ansonsten ist die Stadt als Umschlagplatz an der Eisenbahn gebaut worden und nicht um einen Schönheitswettbewerb zu gewinnen. Es ist Sonntag morgen und absolut nichts los. In der kommenden Woche beginnen die Frontier Days, Volksfest, Kirmes und vor allem das größte Rodeo der Welt. Wir versuchen unser Glück an drei Banken ATMs, aber irgendwie will uns keine Geld geben.

Weiter geht es erst nach Norden und dann nach Osten über die Staatsgrenze in den Panhandle (den Pafnnenstiel) von Nebraska. Wir hatten vor ein paar Wochen eine Doku-Reihe über den wilden Westen gesehen. Darin wurde auch viel über die Geschichte der Siedler erzählt, der Einwanderer, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts zu mehreren Hunderttausend den Weg nach Westen in ein besseres Leben suchten. Nachdem wir die Dokumentation gesehen hatten, wollten wir uns die Wege der Siedler ansehen.

Cheyenne, Wyoming , Frontier Days

Auf dem Oregon Trail

Prairie

Der bekannteste Weg ist der Oregon-Trail, der 2,5 Tausend km vom Missouri über die Rocky Mountains bis zum Pazifik ging, und sich im Esten Wyomings  in zwei Zweige nach Kalifornien und Oregon teilte. Der Trail wurde später auch vom Polyexpress des  Telegrafenamt es benutze und natürlich von der Army. Wer hat nicht schon Westernfilme gesehen vom Trek der Planwagen , abends zu Burgen zusammengestellt, hoffend, dass die Indianerfälle ausblieben. Tatsächlich gab es die kaum. Jeder 10. Siedler starb auf dem Weg. Die meisten Todesfälle aber forderte die Cholera, gefolgt von Unwettern, Tornados, Ertrinken bei der Flussüberquerung, Unfälle zwischen den Rädern der Wagen oder zwischen den Beinen der Ochsen.

Die Planwagen waren gar nicht besonders groß und hatten keinen Platz für Personen. Jeder Zentimeter wurde genutzt für Hausrat und Vorräte. Dabei wurden Familienerbstücke wie Klaviere und Kommoden mitgenommen. Von diesen wurden viele am Rande der Wegstrecke zurückgelassen. Wenn eine Achse brach, wurde der Planwagen in zwei teile gesägt und als zweirädriger Buggy weiterbenutzt. Dann musste man Fracht zurücklassen. In der weitgehend baumlosen Prairie landete auch manches Holz im Feuer.

Geschlagen wurde unter den Wagen. Die Räder waren aus Holz aus dem klimatisch viel feuchteren Holz im Osten (Appalachen) gebaut. In der sonnigen Prairie trocknete das Holz und schrumpfte. Es passte nicht mehr in den Eisenbelag. Sn manchen Stellen der Strecke knüpften Wagenbauer den Reisenden viel Geld für die Reparatur ab. Die Speichen mussten dauern gefettet werden. daher hin unter der Hinterasche ein kleiner Holzeimer, in dem nach dem Kochen ein Gemisch aus Schweinefett und Asche zubereitet wurde um die Achsverbindung zu schmieren.

Es muss ein unglaublich hartes Leben gewesen sein. Wir machen einen kleinen Umweg in die Prairie Nebraskas und fahren zu Scott´s Bluff, eine Felsmassiv , dass weither zu sehen ist und daher den Treks als Landmarke diente. Hier ist ein Durchgang durch die Felsen, der von der Army gesprengt und gegraben wurde und einen schnelleren Weg ermöglichte. Zudem bot der nahegelegene La Platte River die Möglichkeit die Pferde und Ochsen zu tränken. Trinkwasserqualität für menschen hatte er aber nicht. Auch schiffbar war er nicht. Dennoch wuchsen an den Ufern Bäume und Sträucher, für deren Holz die Siedler immer Verwendung hatten. Ein Fort bot einen Handelsplatz, um Vorräte einzukaufen oder dringende Reparaturen vorzunehmen.



Waggons voller Kohle

Kleinstadt in Nebraska

Klapperschlangen
Scott´s Bluff National Monument


Landschaft Scott´s Bluff, Nebraska

Landschaft Scott´s Bluff, Nebraska

Dennoch war es gut, wenn in jedem "Train" , also einer zusammenreisenden Gruppe  Fachleute verschiedenster Gewerke dabei waren. Scott´s Bluff war Landmarke und ein Flächenhals , durch den fast alle Siedler zogen. Vorher waren die einzelnen Treks wie  aufgefächerte Ameisenstraßen über die Prairie verteilt, hier kamen sie zusammen. Scott´s Bluff ist ein National Monument und ein bedeutende Stelle zur Erinnerung an den Pioniergeist der Frontiers. Man hört förmlich das Rattern und Quietschen der Räder, das Brüllen der Ochsen und die Kommandorufen der Männer.

Scott´s Bluff (Eintritt frei) ist trotz Hauptsaison alles andere als überlaufen. Das Besucherzentrum wird gerade renoviert, über die ersatzweise aufgestellten "Scotties Potties" (Dixie Klos) möchte ich nicht sprechen. Apropos: Wir sind bis Scott´s Bluff schon endlose Straßen durch die Prairie gefahren, fast komplett ohne eine Haltebucht, vor allem aber ohne Büsche. Gerettet hat uns ein überraschend auftauchender Parkplatz mit Picknickplätzen und Indokarte und einem ordentlichen Toilettenhaus.

Es ist ein Stück amerikanischer Geschichte und zeigt einem wieder einmal, wie riesig das Land ist und wie sehr, sehr weit man hier weg ist von internationaler Politik.

Die Orte durch die wir fahren sind einfach, die Region offenbar strukturschwach. Ab und zu fährt auf der Bahnstrecke ein Güterzug, so lang wie  eine Kleinstadthauptstraße , eine schier endlose Reihe von Waggons voller Kohle. Es gibt alle paar Meilen ein Gelände mit 200 alten und ganz alten Traktoren und Landmaschinen , viele fast schon Schrott , aber billig. Hierzu passt der Film "The Straight Story" von Davis Lynch aus dem Jahr 1999, den wir vor kurzem gesehen haben. Da fährt ein alter Mann mit einem gebrauchten Großrasenmäher von Iowa nach Wisconsin um seinen kranken Bruder zu besuchen (Wahre Geschichte). Irgendwo in einem "Nebraska Panhandle Coop" kaufen wir ein paar Lebensmittel für ein Picknick im Auto und ein paar "Für-alle-Fälle "- Lebensmittel für den gestrigen Abend und heute Morgen, H-Milch gibt es nicht, ich kaufe Hafermilch als Ersatz, Armin ist skeptisch. Aber tatsächlich übersteht die Milch die lange Fahrt ohne sauer zu werden.

Von Scott´s Bluff aus geht es weiter nach Nordosten und irgendwann über die Staatsgrenze nach South Dakota. Endlose Grasflächen bis zum Horizont , unterbrochen immer wieder von ein paar hohen Kalksteinrippen, Überbleibsel eines vorgeschichtlichen Meeres. fast keine Autos, kaum Höfe, riesiger Himmel. Irgendwann wird es schwer wach zu bleiben, da der Tempomat die Geschwindigkeit steuert, die Automatik das Schalten nicht nötig macht, nur steuern muss man noch, aber da es nahezu immerzu geradeaus geht, ist das auch keine echte Aufgabe.

Kalkstein

Landmarke in der Prairie: Scott´s Bloff 


irgendwann sind wir dann bei den Black Hills angekommen. Der Abzweig vorher zum "Wounded Knee" zeigt, dass wir uns immer noch und gerade im historischen Konfliktbereich der Indianer und der Frontiers und der Kavallerie bewegen.

Die Black Hills sind immernoch Prairie, aber mit Bergen und Bäumen. So sieht es jedenfalls aus. Nadelbäume auf Gras. Nicht auf Waldboden.

Zur Begrüßung an der Cabin kommen die beiden Farmhunde . Die Cabin ist in diesem Jahr neu gebaut und im modernen Landhausstil eingerichtet. Einziges Manko ist, dass es nichts zum Verstauen von Kleidung gibt!?. kein Problem für uns, man kann improvisieren, aber mit 4 Personen wäre es schon schwierig.

Eien veranda mit Schaukelstühlen und Sitzecke und Blick ins das Grüne. Lange Zeiten ohne irgendein Geräusch. Dann Vögel, ein staubaufwirbelnder Holzlaster auf der Dirt Road , das Klappern der Mückentür im Nachbarhaus. Es klingt wie in den Lassie-Filmen meiner Kindheit. Und Laura Ingalls, die das Buch zur Fernsehserie  "Meine kleine Farm in den Betgen" geschrieben hat, stammte aus South Dakota.

Auf den Weiden vor dem Haus grasen Ziegen und Schafe. Glückliche Hühner und Schweine laufen auch herum.

The Porch is my happy Place"

Willkommenstafel

Porch-Veranda

Stimmt!


Heute morgen auf der Wieso vor unserem Haus gelandet



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen