Freitag, 17. Mai 2024

Seenebel, Wasserfall und die Kartoffelfäule

 Am Morgen ist der Atlantik futsch, unsere Kälbernachbarn können wir noch erkennen, der Rest verschwimmt im Seenebel. Dieser 

entsteht, wenn die kühle Meerluft auf das aufgewärmte Land trifft. In San Francisco hatten wir daher bei einer Woche Aufenthalt 5 Tage die Golden Gate Bridge nicht sehen können. Als wir losfahren, hat sich der Nebel gehoben, aber nach 10 km sind wir schon wieder drin und tatsächlich kann sich die Sonne heute nicht so recht durchsetzen. Zumindest nicht im Westen von Inishowen , zu dem wir uns heute aufmachen. Unser erstes Ziel  ist der  10 m hohe Glenelvin Wasserfall bei Clonmany. Ein 1 km langer Wanderweg ( 2 km hin/rück) führt mit leichter , aber stetiger Steigung durch das Glen ( Flusstal) dorthin, immer entlang des Baches. Es ist ein verwunschenes, dicht bewachsenes Tal mit vielen Moosen und Farben, Ebereschen und Birken. Der Weg entstand auf Privatinitiative mit Unterstützung der Gemeinde, man hat kleine Elfenhäuschen am Wegesrand aufgestellt. Der Wasserfall lohnt sich sehr. Wir haben ihn für uns, es sind nur wenige Spaziergänger unterwegs. Als wir zurück am Parkplatz sind, hält allerdings ein kleiner Schulbus. Einer der Jungs, der aussteigt, seufzt: I have no energy at all!”. ( Vor dem Weg….!) .

Vom Wasserfall aus fahren wir bis zum nahe gelegenen Ballyliffin zurück und von dort auf die Isle of Doagh. Unser erstes Ziel ist das Famine Village, eine Art Open Air Museum zur Zeit der großen Hungersnot. Auf den ersten Blick wirkt das Museum überholt und auch “tacky”, kitschig mit negativem Unterton. Mit seinen vielen Schaufensterpuppen und handgemalten Dioramen nicht mehr zeitgemäß, aber unter dem Strich hat es sich wirklich gelohnt. Über die Hungersnot hinaus werden viele andere Aspekte  vergangener Zeiten aufgegriffen. 

Ein Raum beschäftigt sich mit der Schwarzbrennerei, die seit 1760 per englischem Gesetz verbotenen Destillen hießen Poteens. Donegal hatte die meisten am längsten. Der Knollibrandi sollte Whisky sein, das Uisge Beatha ( Wasser des Lebens). Gebrannt wurde mit braunem Zucker oder Rübensirup. Die Teilhaber der Potenz waren in großer Sorge, als der Rohstoff ausging und es an Nachschub mangelte. Ein Deutscher, Herr von Bosch wurde ( jedoch zweifelnd an seiner Kompetenz) von den Destillerien zum Vortrag eingeladen. Der schlug vor , den Zucker/Sirup durch Kartoffeln zu ersetzen. Dies gebe auch ein gutes Aroma. Von Bosch konnte die Teilhaber nicht überzeugen, Kinder und Vieh bekämen auch Sirup, der sei einfach nicht ersetzbar. So wurde Irland dann doch kein Wodkaland! Heute gibt es Poitin als Handelsmarke, mit der Maische aus Gerste und Donegal Kartoffeln ! 

Das zentrale Thema ist aber die große Hungersnot und die Auswanderung in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Einige Jahre vorher hatte ein verheerender Januar Sturm die Wirtschaft bereits in die Knie gezwungen. Ackerfrüchte waren ins Meer geschwemmt worden, Fische lagen nach dem Trockenlegen der Böden auf den Weiden. Zahlreiche Häuser wurden zerstört, teils durch Brände, die der Sturm durch Zerstören der Schornsteine ausgelöst hatte. Um Brennholzm zu haben , wurden kleine Fischerboote sowie die Ruder als Heizmaterial verwendet. Ein Grund unter mehreren, warum man nicht durch Fischfang den Hunger abwenden konnte. Hauptgrund war aber, dass alle Erträge, die nicht die privat angebauten Kartoffeln waren, den britischen Verpächtern abgegeben werden mussten. 

“Die als Große Hungersnot (irisch An Gorta Mórenglisch Great Famine oder Irish potato famine) in die Geschichte eingegangene Hungersnot zwischen 1845 und 1849 war die Folge mehrerer durch die damals neuartige Kartoffelfäule ausgelöster Missernten, durch die das damalige Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung Irlands, die Kartoffel, vernichtet wurde. Die Folgen der Missernten wurden durch die Laissez-faire-Ideologie und die wirtschaftsliberale Politik der Whig-Regierung unter Lord John Russell noch erheblich verschärft. Infolge der Hungersnot starben eine Million Menschen, etwa zwölf Prozent der irischen Bevölkerung. Weitere zwei Millionen wanderten aus.Von dem massiven Bevölkerungsverlust hat sich Irland bis in die Gegenwart nicht erholt.

Irland stand seit dem Jahr 1541 völlig unter englischer Herrschaft. Der Boden in Irland gehörte überwiegend englischen Großgrundbesitzern. Die irischen Bauern bearbeiteten das Land als Pächter, bauten darauf Getreide und Kartoffeln an und hielten kleine Mengen Vieh. Getreide und tierische Produkte dienten zur Pachtzahlung a die Großgrundbesitzer und wurden nach England verbracht, wohingegen die Kartoffeln, die einfach, billig und schnell anzubauen waren, das Grundnahrungsmittel der irischen Bevölkerung darstellten. Schon ein kleines Stück Land reichte, um eine Großfamilie mit Kartoffeln zu ernähren. Da etwa die Hälfte der acht Millionen Iren sich ausschließlich von Kartoffeln ernährte, entstand eine Abhängigkeit von dieser Nahrungsquelle, die Volkswirtschaftler schon vor der Hungersnot als große Gefahr erkannt hatten.

Der Nachteil der Abhängigkeit von der Kartoffel war, dass diese, typisch für durchgehenden monokulturellen Anbau, anfällig für Krankheiten wurde. Da sich der Boden nicht durch abwechselnden Anbau anderer Feldfrüchte erholen konnte, hatten es kartoffelspezialisierte Krankheitserreger leicht, sich mehr und mehr im Boden zu verteilen und ihn zu durchseuchen. Bereits vor 1845 hatte es in Irland immer wieder (häufig lokal begrenzte) Ernteausfälle und Hungersnöte gegeben, so etwa eine Hungersnot vergleichbaren Ausmaßes 1740–1741. Zwischen 1816 und 1842 gab es 14 Kartoffel-Missernten. Der Grund für diese Serie dürfte vor allem auf den Ausbruch des Vulkans Tamborazurückzuführen sein, der weltweit das Klima beeinflusste, sodass das Jahr 1816 sogar als das Jahr ohne Sommer in die Geschichte einging. Der Dauerregen durchnässte den sandigen luftigen trockenen Boden, den die Kartoffel braucht, um optimal zu gedeihen, schwemmte die Krankheitserreger überallhin und schuf damit den optimalen Rahmen für die nachfolgende Katastrophe.

Im Jahr 1842 trat in Nordamerika eine bis dahin unbekannte Krankheit auf, die fast die gesamte Ernte vernichtete. Ausgelöst wurde diese „Kartoffelfäule“ (engl. blight) durch den Oomyceten (Eipilz) Phytophthora infestans, der bewirkt, dass die Knollen verfaulen. Die Sporen werden vom Wind verbreitet und gedeihen in kaltem, feuchtem Klima besonders gut. Zwar werden nicht alle Kartoffelsorten von der Kartoffelfäule befallen, doch wurden zu jener Zeit in Irland nur zwei Sorten angebaut, die beide anfällig waren. Somit fand der Oomycet in Irland besonders gute Bedingungen vor.

ie Iren erlebten zu ihrer großen Verbitterung, dass große Mengen an Nahrungsmitteln von Irland nach England verbracht wurden, während viele Menschen in Irland verhungerten. Die meiste Zeit der fünfjährigen Hungerperiode hindurch war Irland ein Nettoexporteur für Nahrungsmittel.John Mitchel formulierte 1861 eine verbreitete Ansicht:

“The Almighty, indeed, sent the potato blight, but the English created the Famine.”

„Der Allmächtige, gewiss, sandte die Kartoffelfäule, aber die Engländer schufen die Hungersnot.“

– John MitchelThe Last Conquest of Ireland (Perhaps), (1861)”

Quelle und weitere interessante Ausführungen: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fe_Hungersnot_in_Irland

Nach dem Museum  fahren wir zum Carickabraghy Castle des Doherty Clans. Ein Rolls Royce nähert sich dem einsamen Ort und ein zylinderstarker Mercedes.  Ein Brautpaar mit Brautjungfern und Best Man und Kind mit karottenroten Haaren auf dem Weg zum Fototermin. Mit dem Seenebel haben sie nicht kalkuliert!  Übrigens wirbt die “Ballyliffin Lodge” mit einem Sonderpreis von 8.949 Euro für 200 Gäste. Nicht weit weg, vielleicht feiern sie da. Armin geht dann noch eine Stunde Golfbälle schlagen und ich fahre an den  Pollan Strand mit vielen Dünen und neben dem Sand sehr vielen Kieseln. Man möchte sie alle aufheben und mitnehmen. 

Noch schafft die Sonne es! 

Der Weg zum Wasserfall 


Irisches Kleeblatt

Gesellschaft auf dem Wanderweg 

Blühendes Moos 

Glenelvin Wasserfall 


Fairytale 

Isle of Doagh Famine Village 




Micil Poitin , es darf probiert werden 

Winterabend früher mit Musik 


Traveller / Tinker/ Kesselflicker 

Rotkehlchen 

Museumeingang 

Seenebel 

Carickabraghy Castle

Bucht am Castle 

Herzlichen Glückwunsch 

Pollan Beach 

Seetang 




Gelber Klee 


Maler am Pollan Strand 

Hier auch Bücher 

… und ein Schrein 

Stein erinnert an einen Hungerstreikenden 

gut gelaunt

Nochmal zum Culdaff Beach auf die Bank 

Sauna am Strand 

Schwimmerin 

Guiness is good for you


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