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Dienstag, 25. Februar 2020

Zeitvertreib und Zeitverbleib

Auf einmal ist es schon Montag Abend und wir haben nur noch drei ganze Tage in Cornwall, davon ist einer  (Mittwoch) schon mit dem Geburtstagsausflug für Armin zum Tregothnan Grundbesitz mit Garten und Teeplantage verplant.

Heute ist erst einmal der letzte Tag des Kunstkurses an der Newlyn School of Art. Es regnet, wie jeden Morgen. Armin fährt mich hin und sich selbst weiter zur Penlee Gallery, dem kleinen Museum in Penzance. Die aktuelle Ausstellung mit professionellen und Amateurphotos lautet Celebrating Work and Play " und illustriert Leben und Freizeit in den letzten 150 Jahren in Penzance und Umgebung.
Armin ist sehr begeistert von der Ausstellung und auch von dem Museum an sich.
https://www.penleehouse.org.uk/whats-on

Ich muss heute morgen weitere Herausforderungen meistern: Marie Claire Hamon gibt jedem ein Taschenbuch in der Hand (Klassik der Moderne) und fordert alle auf, möglichst schnell und spontan und nicht zu gezielt einen Satz herauszusuchen, der Grundlage des neuen Bildes werden soll.

Ich habe das Buch "Desire" (Begierde) von Marukami abbekommen und schlage es wahllos auf. Mein Blick fällt auf einen Satz, der sinngemäß so lautet: Es wäre einfacher gewesen, ich wäre ein Fisch oder eine Sonnenblume geworden, dann könnte ich mich treiben lassen und müsste keine Stufen gehen.
Das ist noch einer der leichteren Sätze von allen, die vorgelesen werden. Die Umsetzung soll auf einem der Kleckspapiere von gestern erfolgen, jeder soll Anhaltspunkte in den Klecksen für seinen Satz finden. Ich habe es (dachte ich) einfach, da ich in einem Klecksbild, in dem wir gestern Landschaften entdecken sollten, ohnehin schon eine Unterwasserwelt gesehen und weitergemalt hatte. Unterwasserwelt - Fisch, passt. Sonnenblumen ist jetzt schwierig, aber es ist viel schon Gelb in dem Bild, immerhin.
Ich finde, dass die Umsetzung ganz gut geworden ist, Marie Claire findet es allerdings nicht gut, dass ich ein bereits übermaltes Bild übermale. Ich habe aber gar keinen Klecksbildrohling mehr. Denise gibt mir ein unbearbeitetes Klecksbild ab. Wenigstens ist Blau drin und das Rot kann man als Korallen interpretieren und umarbeiten. Zu den Sonnenblumen komme ich nicht mehr. Ich wurstele mich durch, " I struggle".

Danach wird eine Gesprächsrunde unter Einbeziehung der gerade entstandenen Bilder gemacht zum Thema, ob Bilder Titel haben sollten, müssen, können, dürfen und falls ja wie.

Auch in der Mittagspause wird heftig diskutiert, vor allem zur Frage der Wertbildung bei einem Bild. Inzwischen kennst sich die Gruppe schon besser, man erfährt mehr über die Anderen und es entwickelt sich eine Dynamik in der Gruppe. Spannende Lebensgeschichten, einige Schubladen. Die Hauptschubladen sind: Brexitgegner, Nachhaltigkeit/Sustainability-Unterstützer, Esoterik, Scheidungsneuanfang, Exzentriker.  Vielinteressierte: Klangschalenmeditation, Katzen, Zen-Buddhismus, Tangotanz, Gesundesser und Gernekocher, Harmonikaspieler. Wäre der Kurs noch zwei Tage länger, hätte sich noch viel mehr ergeben.

Am Nachmittag malen wir auf etwa Din à 5 große Kartons und dürfen endlich einmal relativ frei arbeiten, allerdings unter Einbeziehung von Elementen aus dem Kurs. Ich entscheide mich für das Thema Wetter in dieser Woche und beginne mit einem dicken Pinsel und einer Grundfarbe auf zwei weißen und zwei schwarzen Pappen. Durch den breiten Pinsel ergeben sich Grundlinien mit denen man weiterarbeiten kann. Mir gefallen am Ende meine vier Wetterbilder.

Armin war unterdessen die zweiten 9 Loch auf dem Cape Cornwall Golfplatz spielen, ein Ball wurde rückwärts über seine Schulter geweht!
Das große Wehen hat keinen Sturmnamen, führt aber zu riesigem Wellengang in Porthleven und schließlich zu einem rot-orangefarbenen, phantastischen Sonnenuntergang. Endlich einmal!

Sodann fahren wir zum Restaurant "Gurnard´s Head", es ist ja immer noch Geburtstag und es muss schließlich noch gemeinsam gefeiert werden. Wir mögen das Ambiente und das Essen in diesem indischgelb gestrichenen Gasthof am westlichen Ende der englischen Welt sehr! Never disappoints.
http://www.gurnardshead.co.uk

Alter Eisenzaun vor dem Weg entlang der viktorianischen Häuser
Da schwimmen drei Damen

Einfahrt zur Newlyn School of Art
Johns Satz (Löcher zumauern, damit die Kinder nicht reinkommen können)
Fisch, Sonnenblume, Treppe
Monster (Grundlage Klecksbild), Bild von Denise
Bild von Hils
Happy Birthday Armin, Bild von Denise
Denise` Kleckse als Grundlage meines Bildes
Bild Wetter 1
Bild Wetter 2
Bild Wetter 3
Bild Wetter 4
Spaziergang nach dem Malen (Wetter 5)
Spaziergang nach dem Malen (Wetter 6)
Spaziergang nach dem Malen (Wetter 7)
Spaziergang nach dem Malen (Wetter 8)
Spaziergang nach dem Malen (Wetter 9)
Fenster beim Spaziergang
Wetterdichtes Fenster
Sonnenuntergang Porthleven
Sonnenuntergang Porthleven
Sonnenuntergang Porthleven
24.02.2020 Tageskarte
Noch ein Foto???

Sonntag, 23. Februar 2020

Zumindest zeitgenössisch, wenn auch (noch) nicht Kunst ?!

Zweiter Tag des Kurses zur Gegenwartsmalerei in der Newlyn School of Arts.
Wieder geht's bis 16.00 Uhr und man hat fast durchge"arbeitet" und ist jedenfalls vor lauter Konzentration durch. Bei mir kommt noch hinzu, dass das ja alles in englischer Sprache erfolgt und ich vor allem bei Gesprächsrunden mit Diskussion viele individuelle Sätze mit meiner zunehmenden Altersschwerhörigkeit herausfiltern UND übersetzen muss. Bei einer kurzen Kaffeepause am späten Vormittag stellt zum Beispiel eine der Mittlerinnen die Frage: "Wird es im Postkapitalismus noch Kunst geben?". Ichfrage sie, ob sie im Hauptberuf Lehrerin ist/war. Sie war Lehrerin! Hah! Trotz der etwas prätentiösen Frage  entwickelt sich eine lebhafte Diskussion. In der Mittagspause erzähle ich dem neben mir sitzenden John (Grafiker) aus Totnes ("twinned with Narnia") vom Karneval in Köln und was da alles passiert (Stippeföttchestanz habe ich dann noch nicht zu übersetzen versucht und auch der schwule Tanzcors der Rosa Funken läßt sich nicht so einfach übersetzen.)und warum das alles Weltkulturerbe ist. Er erzählt mir von seiner Tangoleidenschaft. Er wohnt während des Kurses bei einer Freundin Denise aus Helston, die auch am Kurs teilnnimmt und mit der er die Leidenschaft für Tango teilt. Der Kreis schließt sich, als sie dann von der Parade in Helston am Flora Day im Mai erzählt und den verschiedenen Arten von Tänzen, die dort vorgeführt werden und die viel mit dem alten System des Landadels und der einfachen Bauern und Arbeiter zu tun haben. In Köln war sie schon, ein Rheintrip als Studentin -sie ist meine Generation- in Heidelberg sei sie mit dem Rucksack über eine Anwohnerstraße gegangen und spontan von Leuten in das Haus eingeladen worden. Deren Kinder hätten begeistert von der Aufnahme in England bei einem Schüleraustausch erzählt, sie wollten jetzt etwas zurückgeben.

Ich komme mir manchmal wie die Deutsche mit den Liegen und den Badehandtüchern vor, wenn ich die Kursleiterin Marie Claire darauf hin weise, dass wir den völlig überfüllten Tisch und Boden frei räumen müssen sollten, da wir sonst keinen Platz für die nächste Aufgabe hätten. Sie sagt sie sei froh, dass hier wenigstens einer an das Organisieren denke....

Die Aufgaben heute: Nach einer gemeinsamen Besprechung der Skizzen von gestern hat jeder einen Starting Point für ein daraus zu fertigendes Bild. Ich werde ermahnt wenn ich versuche, ein "richtiges" Bild zu machen, wir sind hier , um uns der Gegenwartskunst zu nähern! Das bedeute mehr spielerische Herangehensweise, mehr Planlosigkeit, keine Geschichten mit dem Bild erzählen zu wollen, keine Begründungen für einen Strich zu machen. Das ist echt harte Arbeit!

Danach sollen wir mit relativ flüssiger Farbe ( 3 Farben konnte man aus den Grundfarben wählen) zwei große Kartons begiessen. Einen so lassen, beim anderen ein Blatt darauf legen und ausstreichen, sodann noch einmal, mit dem Ergebnis von 4 großen Blättern mit zufälligen Farbflecken und Flächen.
Sodann sollten wir darin Landschaften (auch Phantasielandschaften) erkennen und weiter ausarbeiten.

Der gaze Raum ist voller bunter Blätter. Nicht einfach, auch wenn ich auf Anhieb eine Berglandschaft, eine hügelige Landschaft , eine Unterwasserlandschaft und ein Blumenbeet sehe. Armin hat sich die Ausgangskleckserei angesehen und hatte völlig andere Assoziationen, zum Beispiel ein Motorrad. Auf die Idee wäre ich im Leben nicht gekommen.

Nach dem Kurs fahren wir nach Sennen , zum Strand und zur Cove. Es ist Flut. Der Strand, von dem sonst aber bei Flut noch ein deutlicher Streifen trockener Sand verbleibt, ist weg. Surfer sind daher natürlich keine da, eine Welle rollt nach der anderen herein, auch hier ist das Wasser weiss vor Gischt. Im Hafenbereich brechen die Wellen über den Wellenbrecher. Es fehlen  zwar das Azurblau und das Himmelblau, aber Winter in Cornwall hat auch ´was!

Armin guckt nach dem Frühstück den Schwimmern zu



Der Wellenbrecher an der Sennen Cove


ist fast nicht mehr zu sehen!



Das nicht contemporary-genug Bild vom Morgen 

Landschaft aus Klecksbild Nr. 2
Landschaft aus Klecksbild Nr.1
Klecksbilder in Arbeit von John mit Farbtöpfen
Klecksbilder wohin man guckt
Klecksbild Nr 4
Klecksbild Nr.3
Bilder von heute Morgen
Der Pub gegenüber unserem Haus: The Ship Inn




Was versteht man unter Malerei der Gegenwart?

Contemporary Painting ist der Titel des Kurses an der Newlyn School of Arts (https://www.newlynartschool.co.uk/courses/contemporary-painting/), der heute beginnt und insgesamt drei Tage dauert. Kursleiterin ist Marie-Claire Hamon.

Die Beschreibung lautet wie folgt:

"The three-day Contemporary Painting course aims to lead participants in a playful journey into the practice of Contemporary painting. You will be guided to work from varying source materials into mapping a painting though the means of drawing and collage, culminating in one or more paintings of a distinct personal contemporary flavour.
The atmosphere will be one of conversation, exchange and group consideration, reflecting on what makes a contemporary painting.
This course offers an opportunity to loosen up by working fluidly from the imagination and from observation. The pace will be fun and dynamic with students being helped to challenge more traditional approaches to begin to form their own ways of painting."

Das Setup sit mir schon bekannt. Etwa 8 Kursteilnehmer, Treffpunkt "9.50h for 10.00". Soll heissen: Um 10.00 Uhr wird angefangen, bitte etwas vorher da sein und Jacke weghängen, Stuhl um den alten Holztische herum suchen, Kaffeebecher nehmen, dann Vorstellende (Level of Expertise, Hiiilfe) und dann geht es los.

Ziel ist es nie, ein "schönes" Bild zu malen, obwohl bislang auch immer das ein oder andere dabei herumgekommen ist, sondern sich loszulösen von Vorstellungen, Vorgaben, Erwartungen, Beschränkung und offen zu werden für Neues, Anderes. Häufigster Kommentar bei Reflektieren: " I really struggled doing ..." . Man ringt mit den Aufgaben, hadert und probiert. Immer geht die Kursleiterin (einen Mann hatte ich noch nicht, gibt es aber auch einige) herum und sagt individuell oder zur ganzen Gruppe "You are doing really well!". Yeaaah, sure....

Heute sollten wir in mehreren Stufen (die wir aber jeweils vorher nicht kannten), das Folgende machen, jeweils unterbrochen von anderen Themen:
1. Mit einem an einen Besenstil gebundenen breiten Pinsel Farbe auf ein großes Blatt bringen. Jeweils 3 mal.
2. Diskussion zum Thema : Was ist überhaupt Contemporary Art?
3. Mit einem Stift ein frei gewähltes Thema aus einem der vielen in einem Korb befindlichen Magazine flüssig zeichnen. Mehrere Male.
4. Gemeinsames Ansehen einer Diaschau mit Bildern von Gegenwartskunst in der Form von Malerei.
5. Lunchpause
6. Das gezeichnete Objekt auf eine der großen Blätter übertragen, die mit dem Pinsel am Besenstil gemalt worden waren.
7. Aus ausgedruckten, wahllosen Fotos ein, zwei heraussuchen und mit Nr. 6 verbinden, zerschneiden  gewünscht.
8. Relektionsrunde

Sehr interessant war die Diskussion unter Nr. 2. Allerdings hinterlässt sie einen ratlos in Bezug darauf, was überhaupt Ziel des Kurses sein soll. Fazit der Diskussion war nämlich: Everything is possible.

Hier einige Stichwörter, die unsere Runde zusammen getragen hat zum Thema "Was ist Gegenwartskunst?":

  • Sie muss anders sein, als etwas, dass in der Kunstgeschichte schon als Stilrichtung beschrieben ist: Zum Beispiel also anders als Impressionismus, Expressionismus, Abstraktion, Dekonstruktivismus, Kubismus usw.
  • Sie ist im Kontext zu sehen mit der Globalisierung
  • Sie ist im Kontext zu sehen mit Diversity
  • Sie ist im Kontext zu sehen mit Digitalisierung
  • Es gibt eine große Vielfalt der genutzten Medien ( generell: Foto, Video, Skulptur, Zeichnung, Gemälde, Musik u.s.w. und speziell: Öl, Acryl, Lack zum Anmalen von Modellflugzeugen, Bleistift, Kohle usw) 
  • Der Zuschauer muss sich den Inhalt des Bildes selbst erschließen
  • Die Eigenheit des Künstlers ist erkennbar, er hinterlässt seine Handschrift.
  • Ein Kunstwerk muss nicht für die Ewigkeit gemacht sein
Alles Weitere ist schwierig. Googeln wir doch einmal.
Wikipedia: Zeitgenössische Kunst ist Kunst, die von Zeitgenossen hergestellt und von anderen Zeitgenossen als bedeutend wahrgenommen wird. Die heute Zeit: Gegenwartskunst. 

Eine weitere Seite dargestellt auf der Suchseite (Quelle nicht zu finden) schränkt ein:
Contemporary Art sei
- basierend auf abstraktem Expressionismus
- Steht in der Tradition und sucht neue Wege
- Die Basis kommt von der abstrakten Kunst
- Die Werke sind einzigartig, künstlerisch, und tragen die Handschrift des Künstlers.

Jetzt wäre spätestens der richtige Zeitraum den Raum zu verlassen und statt dessen draussen in der Sonne, die schließlich in diesem Februar nicht 12  Stunden am Tag scheint, spazieren zu gehen. 

Aber wir machen es natürlich alle nicht. Aber verloren sind wir alle trotzdem. We struggle. 
Mit den Restfarben sollen wir am Ende des Kurses ein Malbrett grundieren. Meine Farben ergeben, gemeinsam verstrichen, ein rosa, mittelblau Gemisch. Morgen - so erfahren wir erst nach dem Grundieren- sollen wir die Collage als Bild malen. Hätten wir das nur vorher gewusst! Das gilt für alle Schritte heute. Ich hatte mir zwei Fotos mit Mäusen ausgesucht und musste die entweder zu Spargel, Fischen, Shrimps und einer Viertelzitrone kombinieren oder mit einem Mädchen, dass aus  einem Fenster mit Vorhang. Ok, das mit dem Mädchen bekomme ich einigermaßen  hin.  Zu den Bildern von den Mäusen suche ich mir noch einen halb abgeschnittenen Fotoausdruck von blauem Himmel beim Malnachbarn.

Aber morgen das Ganze malen? Warum habe ich nur Mäuse ausgesucht?


Eine erste Morgenpfeife im Nieselregen, während...
andere im Meer baden ( links des Kaimauervorsprungs...
Pastellkreiden (Werkzeug)
Tisch mit Kaffeebechern (Wichtig)
Ölkreiden (Werkzeug)
Hintergründe mit Linien
nur Linien (nicht von mir), Name folgt(NN)
Hintergrund mit Linien (nicht von mir, NN)
Hintergründe von mir rechts, Linien links oben
Der lange Arbeitstisch
Detail Hintergrund
Collage eines Mitmalers, NN
Collage eines Mitmalers, NN

meine Collage

Collage Mitmaler NN

Linien auf Hintergrund
Der Kaffee- und Besprechungstisch