Donnerstag, 21. Juli 2016

"Urlaubstag" in NRW: Arp-Musum Rolandseck und Barbara Hepworth-Ausstellung

Macht man viel zu selten, lohnt eigentlich immer: Ein Ausflug kann sich wie ein richtiger Urlaubstag anfühlen!
Am vergangenen Sonntag sind wir etwas früher als sonst aufgestanden und über Bonn nach Rolandseck, Stadtteil von Remagen, gefahren. Wir hätten das auch mi dem Fahrrad machen können, aber wir hatten nur bis zum frühen Nachmittag Zeit (gute Ausrede)!

Ziel war das Arp Museum im Bahnhof Rolandseck, wo wir seit seiner Eröffnung des Neubaus  im Jahr 2007 immer noch nicht geschafft hatten, einmal hinzufahren. 

"Hans Arp ist gemeinsam mit Hugo Ball, Emmy Hennings und Tristan Tzara Gründungsmitglied der Dada-Bewegung, die ihren legendären Auftakt am 5. Februar 1916 im Zürcher »Cabaret Voltaire« nimmt. "
Quelle: http://arpmuseum.org/museum/unser-haus/kuenstlerpaar-arp.html

Was hat aber Rolandseck mit Hans Arp zu zu tun? Remagen kennt man von der Sprengung der "Brücke von Remagen" im 2. Weltkrieg (aber das ist eine andere Geschichte) und dem gleichnamigen Film, ein Bezug zu Hans Arp ist mir nicht geläufig..

Auf der Internetseite des Museum (Quelle auch für alle Folgezitate: www.arpmuseum.org)wird zunächst zur Geschichte des Bahnhofs und seiner Architektur  ausgeführt:

"1825 wurde in England die erste Eisenbahnstrecke der Welt in Betrieb genommen. Dreißig Jahre später fuhr die Eisenbahn auch nach Rolandseck. Der spätklassizistische Bahnhof Rolandseck, 1856 von Baumeister und Ingenieur Emil Hermann Hartwich (1801–-1879) vollendet, ist auch heute noch an den Schienenverkehr angeschlossen. Es ist der Blütezeit der Rheinromantik im 19. Jahrhundert zu verdanken, dass das repräsentative Bahnhofsgebäude in dem kleinen Ort steht.Umgeben von Ausflugszielen wie dem sagenumwobenen Rolandsbogen, dem Drachenfels nebst Burg und Ruine und der Burg Stolzenfels, fügt sich der Bahnhof als Schauplatz gesellschaftlicher und künstlerischer Ereignisse bestens in die malerische Rheinlandschaft ein.
Abseits der wichtigen Verkehrsknotenpunkte gelegen, blieb das Gebäude glücklicherweise von der Zerstörung in zwei Weltkriegen verschont. Heute gilt es als bedeutendes Kulturdenkmal der rheinischen Kunstgeschichte und des frühen deutschen Eisenbahnbaus. Der Bau spiegelt als repräsentatives Zeugnis der Ingenieurskunst das neue Architekturverständnis des industriellen Zeitalters wider. Vor allem die ornamentierten Stützen und Geländer der Terrassen sind markante Zeugnisse des rheinischen Eisenkunstgusses. Der Architekt Hartwich war geprägt vom klassizistischen Stil des berühmten preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel."

Mehr zum Altbau kann man auf der Website nachlesen. Der Neubau ist in den bewaldeten Hang hinter dem Bahnhof eingebettet. Ein langer Gang führt zunächst unter den Gleisen hindurch, ein Tunnel (siehe Bild mit der Schlangenspirale) führt  in den Berg und zum Aufzug nach oben zum hochgelegenen Museumsteil.  
Dazwischen befindet sich seit 2009 die Dauerausstellung der Sammlung Rau (der in Afrika tätige Arzt, nicht der Ex-Minister- und Bundespräsident Johannes Rau ) mit wechselnden Präsentationen. Als wir da waren, waren Gemälde und Fotografien aus den Unicef Fotopreisen zur Lebenswelt von Kindern und Menschen einander gegenüber gestellt. Hier folgen nun von der Website des Museums (s.o.) Ausführungen zur Museumseröffnung und dem grossartigen Neubau durch den Architekten Meier. 

"Die Wände im Aufzugschacht sind nicht verkleidet. Stattdessen erkennt man durch die Scheiben der gläsernen Aufzüge noch die Spuren der riesigen Hohlbohrer, die sich hier in die Erde gefräst haben. Aus dem engen, dunklen Schacht gelangt man hinauf in den lichten, mit Milchglas geschlossenen Kegelstumpf, der bereits von unten zu sehen war. Ein schmales Band aus klarem Glas gibt bereits den Blick nach draußen frei und lässt die Aussicht erahnen, die uns beim Verlassen des Aufzugs erwartet: Die mit einem Aussichtsbalkon versehene, gläserne Passage, die Aufzugturm und Hauptbau verbindet, bietet einen wunderbaren Ausblick auf den Rhein und das Siebengebirge."

Man kommt  auch über das offen gestaltete Treppenhaus direkt neben dem gläsernen Aufzug auf die obere Ausstellungsebene nach oben. Am Anfang steht die Warnung: 320 (oder so ähnlich, ist nur aus meiner Erinnerung wiedergegeben) Stufen. Ich nehme den Aufzug. Ein Fotos durch die Glaswand im Aufzug auf die Wand/Bohrlochbefestigung ergibt ein interessantes Vexierbild. Es sieht so aus, als wären die Halbsäulen, die die Schachtwand befestigen Hosenbeine, die in meine blauen Sneaker münden.

"Johannes Wasmuth hatte den amerikanischen Architekten Richard Meier bereits in den 1970er Jahren kennen gelernt. Gemeinsam entwickelten Sie Pläne für ein Museum, das der Kunst Hans Arps und seiner Frau Sophie Taeuber-Arp gewidmet sein sollte. Die Ideen waren zahlreich, doch die finanziellen Mittel fehlten und so konnten die Pläne zunächst nicht realisiert werden.

Richard Meier, der dem Projekt treu geblieben war, hatte in der Zwischenzeit seine Erfahrungen im Museumsbau erweitert. Mit Bauten wie dem High Museum of Art in Atlanta, dem Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona und dem Getty Center in Los Angeles ist er heute einer der weltweit wichtigsten Architekten für den zeitgenössischen Museumsbau.
Nachdem die Finanzierung des Projekts mit Hilfe von politischer Seite und durch Mittel des Landes Rheinland-Pfalz sowie dem Bonn-Berlin-Ausgleichsfonds schließlich stand, nahm das Arp Museum 2000 offiziell seinen Betrieb im Bahnhof Rolandseck auf. Parallel zu den umfassenden Renovierungsarbeiten des Bahnhofs erfolgte die Grundsteinlegung für den Neubau auf den Rheinhöhen. Im September 2007 wurde der Museumskomplex von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem damaligen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, eröffnet."

Wieso aber kam denn nun gerade Dada Kunst in den Bahnhof Rolandseck und den dazugehörenden Neu-Anbau?
Dies hat mit der Geschichte des romantischen Rheintals zu tun, in dem es viele Villen mit Blick auf den Rhein gab und viele bekannte Anwohner und Besucher:

"Der Bahnhof Rolandseck wurde zum Treffpunkt der bürgerlichen Gesellschaft, die hier gern verweilte und feierte. Während des Kaiserreichs und bis zum zweiten Weltkrieg besuchten zahlreiche Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Politik und Kultur den Bahnhof.Unter den Besuchern waren Königin Viktoria von England, Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Bismarck. Auch bedeutende Künstler wie Heinrich Heine, Karl Simrock, die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm sowie Friedrich Nietzsche kehrten im Bahnhof ein. Johannes Brahms und Clara Schumann gaben hier Konzerte. George Bernhard Shaw verlegte die Szene eines Theaterstücks in den Bahnhof und Guillaume Apollinaire schrieb in Rolandseck einen Großteil seiner in Deutschland entstanden Gedichte."

Interessant, es erklärt aber noch nicht Dada. Nur, dass es hier um ein absolut schützenswertes bauliches Ensemble ging, dessen Abriss den Charme des Rheintals  verringert hätte. Nach dem 2. Weltkrieg war die Rheinromantik aber nicht das Erste, das den Menschen am Herzen lag. Auch spielte der Widerwillen gegen Nazi-Gedankengut und die Vereinnahmung deutscher romantischer Ideale eine Rolle. Also geriet der Bahnhof in Vergessenheit, der Abriss drohte.

"Kurz vor dem geplanten Abriss im Jahr 1964 entdeckte der Bonner Galerist Johannes Wasmuth (1936 – 1997) das Gebäude. Er übernahm den verlassenen und maroden Bahnhof und begann seine Vorstellung eines Kunstortes zu verwirklichen. Dabei fand er die Unterstützung zahlreicher prominenter Freunde und Künstler. Zusammen mit dem Pianisten Stefan Askenase und Yaltah Menuhin, der Schwester des Geigers Yehudi Menuhin, gründete Wasmuth 1965 die Gesellschaft »arts and music«. Mithilfe dieser verschaffte er jungen Künstlern aller Sparten Auftritts- und Arbeitsmöglichkeiten im Bahnhof. Zahlreiche Gäste und Künstler aller Sparten besuchten Rolandseck und nahmen an den Aktivitäten teil. Zu den bekanntesten zählen:Martha Argerich, Leonard Bernstein, die russischen Pianisten Elisabeth Leonskaja und Swjatoslaw Richter, Marc Neikrug und die Zigeunerkapelle Reinhard sowie Jazz-Star Duke Ellington. Bildende Künstler wie Gotthard Graubner, Sigmar Polke, Gerhard Richter und die Mitglieder der Künstlergruppe Zero waren häufig zu Gast. Besonders die Verbundenheit Günther Ueckers zu Johannes Wasmuth ist auch heute noch zu bestaunen: Der Künstler verlieh ihr Ausdruck in der Installation »Nagelbett«, die er für seinen Freund gestaltete und die heute ein Teil der Kunstsammlung des Arp Museums Bahnhof Rolandseck ist.

Zum wichtigsten Ereignis für die neuere Geschichte des Künstlerbahnhofs kam es im Juni 1969. Johannes Wasmuth hatte Schwierigkeiten, sein ambitioniertes Kulturprogramm in Rolandseck zu finanzieren. Deshalb organisierte er ein Fest zur Rettung des Bahnhofs. Etwa 600 Gäste waren eingeladen. Es kamen mehr als 3000 Menschen. Dem vorausgegangen war ein glühendes Manifest des berühmten französischen Pantomimen Marcel Marceau. Mit diesem forderte er die Erhaltung des Bahnhofs als Kunstort. In dem Manifest beschwört Marceau ein: 'Univers à Rolandseck ( ... )Hier wird die Zauberwelt sich auftun, und der Zauber wird in uns wach werden. Der Bahnhof Rolandseck wird das Theater sein, in dem sich alle Künste vereinen, um das Wunderbare zu schaffen.` "

Und schon sind wir bei der modernen Kunst angelangt. Es bleibt allerdings immer noch die Frage, wieso gerade Arp. Dies hat wieder mit Johannes Wasmuth zu tun:

"Schon seit 1959 war Johannes Wasmuth mit der Familie Arp bekannt. Arps zweite Frau und Witwe Marguerite Arp-Hagenbach übertrug ihm 1977 einen Teil des Nachlasses. Hieraus entwickelte sich eine Lebensaufgabe für den Retter des Bahnhofs Rolandseck. Der Bahnhof bot endlich eine Möglichkeit, den Nachlass angemessen zu präsentieren.

Wir sind von der Architektur des Gebäudes sehr angetan, immer wieder erlauben Fenster den Blick nach außen ins Grüne, auch dort sind Kunstwerke platziert. Von zwei Terrassen hoch oben über dem Rhein breitet sich ein wunderbares Rheinpanorama aus. 
Auf der oberen Ebene ist derzeit noch bis Ende August eine sehr lobende Ausstellung der britischen Bildhauerin Barbara Hepworth. Ihr Name hat uns endlich dazu bewogen, hier einmal hin zu fahren.Barbara Hepworth hatte ein Atelier in St. Ives, dass aus dem Erbe der Tate Gallery gestiftet wurde und zur Tate  Cornwall gehört.

Mehr als 100 Werke gehören zur Ausstellungen, die meisten von ihr, aber auch solche von Wegbegleitern wie Henry Moore und Ben Nicholson. Mehr zu Barbara Hepworth findet man auf der Seite der Tate Gallery: http://www.tate.org.uk/visit/tate-st-ives/barbara-hepworth-museum-and-sculpture-garden

.Die Exponate fand ich sehr eindrucksvoll und sie haben mich sehr angesprochen. Wir haben uns fest vorgenommen, Ende August das Studio von ihr in St. Ives, Cornwall zu besichtigen. Wir waren in St. Ives schon mehrfach in der tat Cornwall, aber noch nie im Studio.

Nach der Ausstellung haben wir uns auf der Wiese vor dem Bahnhof erst einmal in zwei der bereitgestellten Liegestühle gelegt und durch die Sonne hindurch blinzelnd auf die Wolken über dem Rhein geguckt. Passend zur Skulptur "Doc Fleshfeed- Feuerrotes Drachenbaby" schaut man auf den Drachenfels, einer der sieben Spitzen des durchgezählten Siebengebirges. Unten fährt geschäftig die Autofähre, die auch Siebengebirge heißt ,zwischen Rolandseck und Bad Honnef/Linz hin und her. Viele Rdfahrer sind auf dem Uferweg unterwegs. Zur Bahnhofsterrasse nimm zweiten Stock des alten Gebäudes gehen immer mehr Besucher, Mittagszeit.

Eigentlich keine richtig schlechte Idee und wir folgen ihnen, noch nicht wirklich hungrig, aber ein Cappuccino und ein Ciabatta gehen immer. Schöne "location", gut für Hochzeiten mit Rheinromantik pur in modernem Ambiente, aber Kristallkronenleuchtern. Schön!

Ich gehe zur Toilette, die eine Etage tiefer liegt und die alte Bahnhofstoilette ist. Weiße Emailschilder auf den Türen kennzeichnen die Toilettenräume, "Frauen" steht auf der  richtigen Tür, nicht etwa Damen. Ich gehe trotzdem rein. Ein Extraerlebnis, da die Toilettenräume , wie das Schild schon vermuten liess, nicht neu gestaltet wurden, fast jedenfalls. Alte Terrazzoböden und Abtrennungen. Aber Wandmalereien überall und damit hat es die folgende Bewand(buchstäblich)nis:

An der Außentreppe der ersten Etage befinden sich die öffentlichen Bahnhofstoiletten. Sie wurden bereits 1972 vom britischen Künstler Stephen McKenna ausgestaltet und geben als bleibendes Andenken einen Eindruck vom illustren Künstlerbahnhof der 1960er und 70er Jahre.

Ich zitiere die 60er und 70er insoweit mit einem ihrer Slogans "Make love not war". (siehe Fotos).

Unser Ausflug führt uns nun noch per Fähre (einfache Fahrt 3,40) über den Rhein. Leider hört die Romantik auf der anderen Seite erst einmal auf. man kommt durch ein Gewerbegebiet und dann nicht auf die Rheinuferstraße nach Königswinter (die es eigentlich doch gibt?!) sondern auf eine vierspurig ausgebaute Schnellstraße. Na ja, wir wollen ja noch ´was mit Tjorven unternehmen, also müssen wir sowieso zurück.
Aber das nächste Mal möchte ich nach Nonnenwerth. Vielleicht sogar per Fahrrad...!
Der Bahnhof Rolandseck

Doc Flashflesh-Feuerrotes Drachenbaby von Jonathan Messe, 2008

Blick von oben auf den Bahnhof, Rhein, Fähre Siebengebirge

Surreales Bild aus dem Aufzug

Dr Schacht, von der Treppe aus

Durchgang Arp Museum

Kaa-Die Schlange, Barbara Trautmann 2007

Obere Ebene Arp Museum, Blick auf den Aufzugschacht

Obere Ebene Arp Museum

Deckengestaltung Arp Museum

Blick auf den Rhein

Ausstellung Barbara Hepworth

Barbara Hepworth, Mutter und Kind

Sphäre aus afrikanischem Holz, B. Hepworth

Sphäre aus afrikanischem Holz, B. Hepworth

Museumsbesucher, Sichtachse nach draussen

Bronze, B.Hepworth

Bronze B.Hepworth


Bild Wand Arp Museum Zwischenfoyer

Vor dem Museum, Rheinblick Bad Honnef

Wandgemälde "Frauen"toilette

Nochmals Kaa von B.Trautmann

Halten vor der Fähre....




2 Kommentare:

  1. Wieder einmal ein guter Tipp !
    Ich war vor einigen Jahren im Skulpturengarten in St. Ives und es war ganz wunderschön - sehr zu empfehlen ABER eher am Anfang oder am Ende der Öffnungszeiten. Es kann voll werden, well: it is St. Ives after all....

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  2. Dann ist es ja prima, dass wir im August da sind......

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