Donnerstag, 7. Mai 2015

Ein Ferienhaus aus der Tudorzeit und dicke Kieselsteine am Sandstrand von Praa Sands

Heute, wie fast jeden Morgen, Frühstück auf dem Balkon in Schlafanzug und Pullover.
Danach machen wir uns auf den Weg zu Godolphin House in der Nähe von Helston. Der National Trust hat das Anwesen erst 2007 von der damals 93 Jahre alten Bewohnerin übernommen.

Es ist ein Herrenhaus aus der Tudorzeit, groß genug, um damals Bedeutung gehabt zu haben, immerhin  war John Godolphin of Godolphin (1463–1497) Sheriff von Cornwall . Sein Sohn William Godolphin (1486–1570), ebenfalls zum Sheriff in Cornwall ernannt, leistete Kriegsdienste für Heinrich VIII. und unterstützte dessen Feldzüge mit Truppen. (...)
Enkel Sidney Godolphin (1610–1643) kämpfte als Royalist auf Seiten KönigCharles I. im Englischen Bürgerkrieg, ebenso dessen Bruder Sir Francis Godolphin of Godolphin (1605–1667).Sidney Godolphin (1645–1712) war wohl der bedeutendste Vertreter der Familie Godolphin in der Geschichte Englands. Er wurde 1684 zum Baron Godolphin (of Rialton) ernannt und war mehrmals Lord High Treasurer, zuletzt von 1702 bis 1710 unterKönigin Anne. In dieser Zeit sorgte er für die Finanzierung der Kriege von John Churchill, 1. Duke of Marlborough. Er wurde 1704 zum Ritter geschlagen, 1706 zum Earl of Godolphin geadelt und war neben Churchill eine führende politische Kraft in dieser Epoche. Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Godolphin (Also ganz ohne Geschichte geht es nicht. )

Gleichzeitig ist das Haus aber intim genug, um noch den Eindruck eines Wohnhauses zu geben.  Daher hat der National Trust  sich  2007 entschlossen, das Haus nicht zu einem der üblichen Herrenhaus- Museen zu machen, sondern die Instandsetzung mit dem Umbau zu einem Ferienhaus zu verbinden. Wir haben uns einen Film angesehen, der von den Schwierigkeiten des Umbaus erzählt. Im Dach wohnen seltene Fledermäuse, also benötigte man eine besondere "Bat permission", um überhaupt umbauen zu dürfen. Zugang war auch nur für eine limitierte Zeit gestattet, so dass die Umbauarbeiten statt von oben nach unten von unten nach oben durchgeführt werden mussten. Man hat viele Hundert Meter neue Kupferrohre verlegt, unter ihnen für alle (Undichtigkeits-)Fälle eine Art Plastikwanne. Probleme boten die dicken Wände und die vielen Meter, die heißes Wasser  vom Boiler bis zu einem Badezimmer zurücklegen muss. Ein Riesenteam aus Architekten, Archäologen und Denkmalspezialisten war an der Arbeit . Noch sind erst das Herrenhaus und das Ciderhaus richtig fertig, an den Stallungen muss noch gearbeitet werden.

Das Haus ist ab morgen für vier Wochen vermietet, wir hatten also Glück heute noch hereinzukommen, wenn nicht vermietet, ist es zu besichtigen. Es wäre eine prima Location, hier z.B. einen runden Geburtstag zu feiern. Sollten wir das einmal tun, werden wir rechtzeitig die Teilnahmebedingungen bekannt geben und einen Wettbewerb ausrufen, das Haus hat nämlich nur Platz für 12 Personen.

Wer Interesse hat: Die Preise/Haus/Woche  liegen zwischen GBP  1.345 vom 30.10 bis 17.12. und GBP 3.395 vom 01.07.-31.08. Zu vielen Zeiten ist auch ein Kurzurlaub möglich. Empfangsmöglichkeiten für Hochzeiten bis 20 Personen.

Jedenfalls hatte das Haus,um einmal einen Ausdruck aus dem englischen wörtlich übersetzt zu nennen: Taschen voller Atmosphäre .

Rundumher gibt es einen verwunschenen Wald mit ganz vielen Bluebells und eine Picknickwiese und einen alten Tudorgarten. Der zum Besitz/Estate gehörende Hügel hat einen 360 Grad Rundblick und ist ein Geheimblick fürs Sternegucken, da von dort aus kein künstliches Licht zu sehen ist.

Nett war auch das Café. Es gab offensichtlich Durcheinander bei der Organisation, wer wann, wo an den verschiedenen Stellen des Besitzes Dienst macht. Das Servicepersonal im Café hätte längst abgewechselt sein müssen. Der an der Theke stehende Mann, gay as a picknick basket ( man gibt im Café übrigens kostenfrei Picknickdecken aus, falls jemand mit selbst mitgebrachten oder dort gekauftem Essen und Trinken picknicken möchte) war die personifizierte Entdeckung der Langsamkeit. Mit präzisen, feinen Bewegungen benötigte er etwa drei Minuten, um zu seiner vollen Zufriedenheit exakt ein Stück Carrot Cake abgeschnitten und auf den Teller gelegt zu haben. Weitere drei Minuten dauerte das Arrangement mit Serviette und Gabel. Man muss an sich halten, um ihm nicht zu helfen, zum Beispiel dabei, die leere Kuchenform aus dem Weg zu räumen, damit er nicht immer drumherum navigieren muss.  Ein Freund kommt vorbei, im Leinenanzug, aussehend wie Elton John und bringt ihm für die Lunch Break eine Zeitung.  Da kommt noch eine ältere Frau, Kundin, und möchte einen National Trust Pass kaufen. Also nicht den Eintrittskartenjahrespass, sondern den Passport, in dem man Besuche abstempeln lassen kann. Die Servicekraft fragt die Kollegin, ob man welche habe, die glaubt, dass links unten im Schrank...... . Nach 5 Minuten Suche auf den Knien im Unterschrank (das Café dient gleichzeitig als Eintrittskartenverkaufsstation und Laden) fand er die Pässe. Die Frau findet, dass die aber nicht so aussehen, wie sie immer ausgesehen haben. Sie wird beruhigt, es handelt sich um eine Verbesserung. Jetzt haben die Pässe auch eine Tagebuchfunktion. Die Frau ist angetan, dann könne sie ja zu jeder National Trust Property ihre ganz persönlichen Anmerkungen schreiben. Alle sind glücklich, ich auch, denn es ist nett, wenn mal nicht alle hetzen.

Das galt auch für den Dauerkartenscanner ( all pass holders please show pass at gazebo, all non pass holders please refer to reception in café) im Gazebo/Pavillon , der bevor wir drankommen, erst einmal den vier Leuten vor uns in epischer Breite die Geschichte des Hauses erzählt, und die ist lang, allein die letzte Besitzerin ist ja 93 gewesen, als das Haus zum NT überging;! Macht aber nix, wir können ja mithören.

Der  Mitarbeiter im Eingangsbereich des Hauses selbst  sucht, trotz Beteuerungen unsererseits, dass wir auch die englischen Beschreibungen verstehen,  Ewigkeiten nach dem laminierten Infoblatt mit deutscher Fahne , er ist glücklich als er es findet und daher freuen wir uns auch und nehmen es mit.

Alle Mitarbeiter sind übrigens keine alten ehrenamtlichen pensionierten Umständlichkeitskramer, sondern alle jünger als wir!

Weitere Infos: http://www.nationaltrust.org.uk/godolphin/

Im Café haben alle Besucher hingegen graue Haare. Typisches Familien- und Rentnerausflugsziel eben.

Da fällt mir ein, dass ich noch nicht von gestern Abend berichtet habe. Also: Das Essen war super. Vorspeise: Ich hatte eine Grüner Spargel/wilder Knoblauch - Suppe mit Kartoffelnest und pochiertem Entenei, nur ohne Entenei, das wollte ich nicht. Armin hatte geräucherte Makrele eingewickelt in Briqueteig , dazu etwas Pflanzliches, das Armin nicht kannte. es war jedenfalls nicht grün.
Zum Hauptgang hatte ich kleine Sirloin Medaillons plus  Pulled Beef in einer Art Teighülle, frittiert , dazu Kartoffelpüree und grüne Gemüse und Shitake Pilze. Armin hatte Monkfish (was ist das auf Deutsch?) , ebenfalls mit Püree und Gemüsen.
Zum Nachtisch hatten wir beide einen Rhubarb Fool (Rhabarberstücke al dente und Crèmemousse und Apfelsorbet und Streusel).

Und: Als wir um 8 kamen (Restaurant hatte ab 18 Uhr auf) waren etwa im Hauptraum 10 Tische besetzt (von 11),  davon 3 mit Leuten ohne graues Haar, Altersspanne  ca. 25-35, dann 35-45 und 45-55.

Von Godolphin House geht es , um auf Heute zurückzukommen, durch kleine Single Track Roads mit meterhohen Hecken und glücklicherweise keinem Gegenverkehr, zur A 39 Küstenstraße zurück. Wir wollen noch zu Praa Sands. Praa Sands ist ein vergleichsweise langer Sandstrand, an dem wir vor 17 Jahre einmal Delphine ganz nah gesehen hatten. Er ist bei Surfern beliebt und weist außerdem geologische Besonderheiten mit seinen Folly Rocks auf, darunter Granite Prophyry, whatever that is when it is at home. Die "Riesenkiesel" an der Ostseite sind in der Tat beeindruckend.
Wir gehen einmal die ganze Länge hin und zurück ( Carrot Cake und Co machen das notwendig).

Dann fahren wir zurück. Nett sind immer wieder die kleinen Verkaufsstellen am Wegesrand mit den Spardosen daneben. Honig gibt´s und Marmelade . Blumen und Setzlinge. Besonders gefallen mir  aber der Eierstand von "Henry´s Hens" und der Düngerstand, wo es heisst: "Rotten horse manure, help yourself and take home". Ich hoffe, dass der Dung "rotten" ist und nicht das Pferd.

Zurück in Falmouth will ich noch schnell bei Marks & Spencer, um in der Foodhall ein par Kleinigkeiten kaufen, um halb 6 macht alles zu. Aber vorher gehe ich noch in das nette vegetarische Cinnemon Café und esse eine köstliche Butterbohnen/Kürbissuppe mit selbst gebackenem Brot. Die Inhaberin posiert für den Blog. Der Carrot Cake am Mittag hat nur bis 5 Uhr gehalten.

Heute Abend kommt ab 21.55 Uhr die Wahlsendung. Heute ist Wahltag, aber da es ein Werktag ist, haben die Wahllokale länger auf als bei uns. Ich bin gespannt, wer gewinnt und werde morgen weiter berichten.

Hier noch etwas zum Lernen.

Das Godolphin House ist ein Herrschaftssitz aus der Tudor- und Stuart-Zeit und befindet sich zwischen Townshend und Godolphin Cross in der Nähe von Helston in der Grafschaft Cornwall in England. Das Gebäude, das man heute besichtigen kann, ist der Rest einer weit größeren Anlage, die bis die Mitte des 18. Jahrhunderts der Sitz der Familie Godolphin war. Die Godolphins, deren Reichtum vom lokalen Zinnbergbau herrührte, waren eine der führenden Familien von Cornwall. Das Anwesen ist heute im Besitz des National Trust. Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Godolphin_House

Die Familie Godolphin war eine der führenden Familien in der Grafschaft Cornwall und konnte ihre Stammlinie bis in die Zeit der normannischen Eroberung Englands 1066 durch William I. zurückführen. Der spätere Reichtum der Familie rührte vom lokalen Zinnbergbau her. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts war der Sitz der Familie das Godolphin House in der Nähe von Helstonim ehemaligen District Kerrier. Der Name Godolphin leitet sich von Godolghan ab, kornisch für weißer Adler, der auch das Wappen der Familie ziert.
... 
(Jetzt lassen wir einmal ein paar Hundert Jahre aus und kommen um Ende der Familiendynastie. )

Sidneys Sohn Francis Godolphin (1678–1766), der 1712 den Titel seines Vaters erbte und später zum Baron Godolphin (of Helston) geadelt wurde, erlangte 1735 unter der Regentschaft König Georgs II. den Titel des Lord Keeper of the Privy Seal (Lordsiegelbewahrer) und war mit einer Tochter Marlboroughs verheiratet. Aus dieser Ehe ging eine Tochter hervor, die Thomas Osborne, 4. Duke of Leeds heiratete.
Da die beiden Söhne von Francis Godolphin bereits früh verstorben waren, erbte der Duke nach dem Tod des Barons den Familiensitz Godolphin House. Auch der Familienname Godolphin wurde von den Dukes of Leeds weitergeführt: Der Sohn des Dukes nannte sich Francis Godolphin Osborne, 5. Duke of Leeds.
Den Titel Baron Godolphin (of Helston) erbte der Cousin, ein Sohn von Sidneys Bruder Henry, der ebenfalls Francis (1707–1785) hieß. Mit ihm erlosch die männliche Linie der Godolphins nach 24 Generationen, da er keine männlichen Nachkommen hatte.
 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Godolphin


Der Harbourmaster bei der Arbeit

Blaulila und Grün

Liebesmühe

Kleines Fenster mit Blick in den Garten

Die Front von Goldolphin House

Biene bei der Arbeit 

uralte Steinmauer

Graffiti aus dem 17. Jahrhundert

Im alten Ciderhouse

Gardenshed


Der Hintereingang

Eines der sechs Schlafzimmer

Die geologische Rarität?

Haus mit Pflicht zum Fensterputzen

Meer glitzernd wie mit Folie bedeckt

Cinnemon Café

Die Suppe


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