Sonntag, 30. Dezember 2018

North Devon Revisited

Wir sind seit gestern wieder in Norddevon. Zuletzt waren wir für 2 Nächte vor 2 Jahren zwischen Weihnachten und Neujahr in Braunton, jetzt haben wir für eine Weile eine Maisonttewohnung in Woolacombe gemietet.

Aber der Reihe nach. Vorgestern ging es los über Calais bis zum etwa 20 Km von Dover entfernten Sandwich. Es ist dieser 5 Länder Weg von Deutschland über die Niederlande, Belgien und Frankreich nach England. Belgien hat schöne alte Städte, aber die Autobahn ist maximal langweilig und die Autobahnraststätten sind die Schlechtesten, die ich kenne. Es ist nicht allzu viel Verkehr zwischen den Feiertagen und es gibt kaum Staus. LKW´s sind nur wenige unterwegs. In Belgien darf man entweder auf der Autobahn rechts überholen, oder es kümmert sich keiner darum. Wir werden von 10 Autos rechts überholt, weil alle so dicht aufeinander fahren, dass Armin, der sich halbwegs an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält, keine Chance hat nach rechts zu wechseln.

Für eine kurze Strecke fahren wir parallel zu einem Auto mit einer Frau am Steuer. Es ist auf alle Fälle ein Linkslenker, denn ich schaue auf das Lenkrad und traue meinen Augen nicht. Darauf liegt mit dem Buchrücken nach unten, also deutlich lesbar aufgeschlagen,  ein Agatha Christie Buch. Leider reicht die Zeit auf gleicher Höhe nicht, das Rätsel zu lösen. Liest sie? Oder gibt es einen Scherzartikel, den man zur Verwirrung der Allgemeinheit auf das Lenkrad montieren kann? Oder es gibt eine Erhöhung, die aussieht wie ein Lenkrad und es war doch ein Rechtslenker? Lieber schnell vorbei fahren. Unser Vertrauen in die Autofahrkompetenz der Belgier wird jedenfalls einmal mehr erschüttert. No offense meant.

Wir kommen so ziemlich als Erste auf die Fähre und suchen einen Platz am Fenster, dessen Aussicht genau auf die Rampe geht, über die die Fähre geladen wird. Es sind heute wenig LKW unterwegs, der Hafen von Calais wirkt menschenleer ( Armin las mir allerdings heute noch aus Spiegel online vor, dass im Durchschnitt täglich 16.000 Lastwagen zwischen Dover und Calais hin- oder herfahren. ). Die Zwischen-Feiertags-Flaute wird gefüllt von umso mehr Omnibussen mit englischen Reisegruppen auf dem Weg zurück in das UK. Fast jeder Platz in der Lounge wird voll, Geplapper von allen Seiten, mal nett, mal ansprechend wie eine Kreissäge. Neben uns kommt ein älterer Mann mit einem Tablett zurück zum Tisch, den seine Frau tapfer verteidigt hat: Let us have a nice cup of tea, dear". So ist recht!

Von Dover aus fahren wir nach Sandwich. Dies ist einerseits der Lage nicht allzu weit von Dover geschuldet und andererseits dem Hotelangebot in Kent auf der Seite von Miles-and-More, denn wir sammeln mit Hotelbuchungen wichtige Punkte für das nächste Business-Class-Flug-Meilenschnäppchen. Zuletzt waren wir vor drei Jahren in Sandwich als Abstecher vom nahegelegenen ehemaligen Cinques Ports - und Schmugglerort  Deal aus, wo wir mit Juliane, Stefan und Tjorvi über Sylvester ein Haus gemietet hatten. Sandwich ist (seinem selbsterfundenen Werbeslogan zufolge) "The most complete medieval town in England", die Stadt in England mit dem besten baulichen Ensemble aus dem Mittelalter. In der Tat ist sie voll von krummen und schiefen kleinen Häusern , mit Dächern, von denen man glaubt, dass sie übernächste Woche einstürzen werden, es sei denn das Moos hält die Wölbungen noch ein bisschen länger zusammen. Auch die Straßen winden und kreuzen sich in unvorhersehbaren Winkeln (Armin verläuft sich), sind häufig gepflastert und mit schmalen Alleyways wie aus dem Krimi zum Überfall einladend, verbunden.
Wir übernachten im The Bell Hotel, einem soliden 3-Sterne-Hotel mit ordentlicher Restauration, nettem Ambiente und einem guten Zimmer. Es liegt am Kanal, der einst den Reichtum Sandwichs begründet hat, der aber nach der Verlandung seine Bedeutung und damit auch die wirtschaftliche Macht Sandwichs beendete. Für Touristen ist das gut so, denn das Stadtbild ist weitgehend zeitlos geblieben. Auf dem Kanal dümpelt die Rhine Patrol, ein militärisches Flussschiff, auf dem die US-Amerikaner in den 50-er Jahre Zeiten des kalten Krieges auf dem Rhein Patrouillenfahrten gemacht hatten.
Am Abend gehen wir in das Restaurant "Hop and Huffkin", in dem wir vor drei Jahren unser "Letzter Urlaubstag" Essen hatten. Es war wieder sehr ordentlich! (www.hopandhuffkin.co.uk)


Gestern morgen geht es dann weiter in Richtung Devon. Erster Stop die Welcome Break Raststätte "Fleet Services" auf der M 3 in der Nähe von Basingstoke. SO gehen Raststätten! Ein architektonisch ansprechender riesiger Neubau, innen ein großer Foodcourt mit Zugang zu verschiedenen Anbietern wie Starbucks, Subway, Salatbar (Tossed), KFC, Burger King, Harry Ramsden Fish & Chips, dazu ein Waitrose Supermarkt,  ein WH Smith (Bücher, Zeitschriften und alles andere auch). Ich decke uns mit einer Tüte Goodies ein, während Armin doppelte Espressi holt. Außerdem gibt es als abgetrenntes Restaurant mit ordentlich gedeckten Tischen noch eine Filiale der beliebten und guten Kette Pizza Express.

Etwa bei Stonehenge mit dem üblichen 2 Kilometer Stau ( es gibt in England Überlegungen, die Straße hier als Tunnel auszubauen) gibt es die erste Rosinenschnecke.

Noch ein Wort zum Wetter: In Leverkusen sind wir bei strahlender und blendender Sonne losgefahren. In Belgien kamen passend zu den depressionsauslösenden Raststätten tiefhängende  Nebelwolken. An der Küste stieg die Wolkendecke zum Hochnebel auf und kurz vor Sandwich beleuchtete eine rote Sonne die Baumgipfel und die Spitzen der Segelyachten auf dem Kanal. Überwiegend bewölkt mit Aufheiterungen ging es dann bis Wiltshire, mit immer mehr tiefhängenden Wolken, die dann auf den letzten 50 km im Exmoor zu richtigen Hound of the Baskervilles Nebel wurden. Heute dann ein steter Wechsel von Nebel- und Wolkenbänken, vor allem am Morgen Mizzle ( West Country Mischung aus Mist (Nebel) und Drizzle (Nieselregen). Dann immer wieder Aufklaren (" Dahinten wird es hell", wie Gertruds Vater sagt) und Schauervorhänge und silbernes Licht, dass zum Abend hin auch gold und rosa Töne annimmt.

Wir waren gestern noch bei Ilfracombes Tesco und haben heute das Auto nicht angerührt. 2,5 Stunden draussen auf dem Strand und an der Esplanade. Sonntagszeitung beim lokalen Londismarkt gekauft, ebenso Spaghetti und Dosentomaten. Danach einen blutigen Devonkrimi und die Zeitung (Welcher Royal ist 2018 am besten angezogen gewesen, Leitartikel in der Daily Telegraph Beilage, inkl. Foto der Queen bei einer Modenschau neben Anna Wintour von Vogue sitzend und mit ihr plaudernd).

Ich hingegen, wie fast alle anderen am Strand, mit Gummistiefeln.

Dort sieht man: Familien mit Kindern aller Altersklassen, Menschen mit Hunden aller Gewichtsklassen und vor allem Surfer über Surfer. Besonders gut gefallen haben mir zwei Jack Russell Terrier , die einen Parallellauf machten, verbunden durch einen Sock, den beide gleichzeitig in der Schnauze hielten.

Zig VW Busse parken am Wasser. Geschäftiges Umziehen von Jeans in Neoprenanzüge, Kalifornienaufkleber, Thermoskannen, bunte Shortboards, Surfer wie Fliegen auf der Suppe. Je mehr die Flut kommt, um so länger rollen die Wellen herein.

Es sind 11 Grad und es ist windstill. Perfekt um eine Weile erhöht auf der Bank zu sitzen und von oben zuzugucken. Es sei denn man heisst Armin, der braucht nicht eine kleine trockene Stelle von 30 cm auf der Bank, sondern er setzt sich nur drauf, wenn sie ganz trocken ist. ;)

The Bell Hotel, Sandwich 
Impressionen aus Sandwich
Kalter Krieg lässt grüßen!
Der übliche Stau (links) bei Stonehenge (siehe rechts)

Wie Marita sagt: Da fehlt nur noch Cheese...

Wohnbereich mit Aussicht

Blick aus dem Fenster

3 Meilen lange Bucht

Obere Reihe rechts ist das Haus mit unserer Wohnung

Surfen kann man immer

Sagte ich ja gerade

Armin, der Strandwanderer

Spektakuläres Licht

Kinder und Hunde jede Menge

Und ein Selfie von uns

Photos sind Malen mit Licht

Woolacombe Bay mit Surfern

... und sich ständig ändernden Wolken 

Alles im Blick!

Woolacombe Bay und Beach

Kleine Einkaufsstraße in Woolacombe

Schauer und Sonne gleichzeitig 





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