Freitag, 31. Juli 2015

Reisen in die deutsche Provinz- Fortsetzung, diesmal: Bad Wörishofen

Irgendwie hat der Bordcomputer des Jaguar ausgerechnet, dass unsere Durchschnittsgeschwindigkeit 93 Stundenkilometer war, aber gefühlt haben wir zwischen Frankfurt und Würzburg nur gestanden. Und zwischen Würzburg und Ulm auch. Es gibt sehr viele Baustellen auf deutschen Autobahnen.

Im Spessart sah es so aus wie in Grimms Märchen, dunkel und grün und im Wald da sind die Räuber! Ein Schneewittchenschloss ist auch da. Bei Würzburg kam der Wein und dann wurde das Land wieder flacher, rund um das Donauried. Jetzt dominierten die Mai- und Kornfelder, überall in der Luft Staub wie Rauchfahnen, dort, wo die Mähdrescher entlang fahren. Etwa bei Krumbach tauchen fern als diesiger Schatten die Alpen am Horizont auf. Sozusagen wie der Blick von Denver Airport, fiel mir jedenfalls da ein.

in Krumbach trinken wir einen Kaffee in unserem ersten bayerischen Biergarten, komplett mit gewürfelter Tischdecken und dickem Kastanienstamm und -dach.

Dann geht es weiter nach Bad Wörishofern. Mehr Kurort geht nicht! Erstaunlicherweise sind sogar Leute unter 60 unterwegs.
Das Steigenberger ist zwar ein 5 Sterne Superior Hotel, aber Old School (es gibt Schlüssel...) unglaublich verbaut. Das erste Zimmer lehne ich ab (Dunkel, kein Ausblick, kein Balkon und Flecken auf dem Boden und Flickstellen auf der Tapete), dann bekommen wir ein Upgrade.
Ich wollte nie jemand sein, der dauernd am ersten angebotenen Zimmer rummeckert, aber genau genommen, habe ich es in den letzten 9 Monaten schon viermal gemacht. Liegt vielleicht aber mehr an der gesteigerten reisefrequent als an zunehmender Meckerei?!
Der Balkon im neuen Raum  ist zwar ein verwinkelter Fleck im Dach fast ohne Aussicht , aber ansonsten ist das Zimmer groß und bequem eingerichtet. Nicht gerade das , was man als cutting edge bezeichnen würde, eher das grünes-Jaquardmuster-und-Kirschbaumholz-Ambiente.

Der Wellnessbereich ist schön und ausserdem jetzt um sechs auch noch leer. Wir liegen in einem Daybed in der Sonne und den fürs Schwimmen gedachten Pool habe ich für mich alleine. Prima!

Nach dem Abendessen in der König-Ludwig-Stube ( ich habe so das Gefühl, als würde uns der Name noch öfters begegnen) mit einer bayerischen Tapas Version und Allgäuer Käspätzle (die hiessen aber nur so ähnlich wie Spätzle) sind wir noch ein bisschen raus gegangen. Das Hotel liegt am Kurpark und also fingen wir dort mit dem Abendspaziergang an. Ich muss sagen, ich bin schwer beeindruckt. Der Kurpark hat 160.000 qm! Teilwiese sind dies reine Grünflächen, teilweise ist er sehr intensiv bepflanzt. Es gibt z.B. 500 verschiedene Rosenarten mit insgesamt 5.000 Stöcken. Dazu 1000 und eine andere Pflanze.  Pergolas mit Klematis, Kletterrosen und glockenblumenähnlichen Ranken, Phlox, Dahlien, Tagetes und jede andere Gartencenterstaude ,die man sich nur vorstellen kann.  Blütenflächen in jeder Farbe , aber nicht sorgsam gezirkelte Rabatten, sondern riesige Staudengärten, teilweise ganz alt. Richtig großartig. Dazwischen Wasser und Springbrunnen und eine Tennisanlage mit einer Jugendstiltribühne.
Es gibt einen Blindegarten und einen Duftgarten mit unzähligen Stauden. Jetzt, am Abend, dominieren Pfefferminze und Lavendel. (Geissblatt ist verblüht).

In einem anderen Teil des Parks (neben dem Kneippianum ;)) sehe ich ein Rondell, das wie ein Kurkonzertpavillon aussieht.  Ältere Blogleser bitte helfen: War "Einer fehlt beim Kurkonzert" ein Tatort mit Trimmel?
Bei näherem Hinsehen sind die Wände  des Pavillons aber bedeckt, mehrwürdig. Und an einer Seite ist eine beleuchtete Öffnung. Ich gucke mir das ganze näher an und stelle fest: es ist ein Gradierungsraum. Alles klar?

Von innen betrachtet ist es ein Zwölfeck, dessen Wände mit 4 Meter hohen Schlehdornreisigen bedeckt sind. Übereinandergestapelt, mit der Schnittkante zum Innenraum. Von oben rieselt in 10 cm Abständen jeweils ein Rinnsal Salzwasser in die Reisigwand. Das Wasser rinnt dann die Zweige entlang in eine Rinne am Boden. Oben bilden sich kleine Mini-Pammukale Salzklümpchen, es plätschert beruhigend und die fallenden Wassertropfen sehen im Scheinwerferglanz aus wie Sternschnuppen. Gesund soll das ganze auch noch sein. Also müssen wir morgen noch einmal da hin.

Auf dem Rückweg kommen wir beim Löwenbräuhotel vorbei mit seinem anheimelnd aussehenden Biergarten auf der Terrasse. Ich will Armin, der im Park nach einem Kurschatten gesucht hat, in die Hotelbar Löwenhöhle schicken, aber er will doch lieber wieder mit mir in unser grünes Jaquardmusterzimmer.

Das grüne Jaquardzimmer

Turn Down Service mit Betthupferl

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