Freitag, 2. September 2016

Von Glocken, Steinkreisen und Kreissteinen

Heute war ein wunderschöner Sonnenaufgang (den ich sehen konnte, weil ich um 6.00 Uhr vom Möwengeschrei wach geworden war und dann habe ich schnell ein Foto gemacht und eingeschlafen bin ich nicht wieder um um 7.00  kam die Sonne in voller Farbenpracht aus dem Meer hervor. Oder besser: Hinter der Landzunge der Roseland Peninsula.

Armin wollte eigentlich bei Truro ein paar Bälle schlagen gehen und ich wäre dann vielleicht in Truro rumgelaufen, aber das Wetter war so schön, dass wir einen Ausflug zusammen machen wollten. Und nun sehe icheben auf Instagram, dass einer aus Cornwall Bilder von William und Kate gemacht und gepostet hat, als sie heute morgen die Kathedrale von Truro besichtigten. Na toll! Jetzt war ich nur gestern in Truro. Knapp vorbei ist auch vorbei.

Wir fahren in Richtung St. Ives, da wir in der Nachfolge der Ausstellung im Arp-Museum nun unbedingt das Studio von Barbara Hepworth sehen wollen. Wir finden aber keinen Parkplatz und der große Parkplatz bedeutet eine Steigung von einem  Kilometer oder so, davon bestimmt ein Fünftel senkrecht. Außerdem scheint das Studio auch im Winter zu besichtigen zu sein und dann gibt es sicher wieder jede Menge Parkplätze in St. Ives.

Also fahren wir weiter nach Zennor. Die kleine Ansiedlung liegt ein paar Felder von den Klippen entfernt an der Straße von St. Ives nach St. Just. Tatsächlich ist dieser Straßenabschnitt von Penrith, dem windumtosten "Zeh" von Cornwalleine eine der schönsten Panoramastraßen, die ich kenne.

In Zennor gehen wir erst einmal in die ehemalige Methodistenkapelle, in der heute ein Café und B&B ist. Dafür, dass die Siedlung Zennor nur eine Handvoll Häuser hat, ist sie spirituell etwas überdimensioniert angelegt, denn außer der ehemaligen Chapel gibt es noch eine große, alte C of E Kirche, die St. Senara´s Church. Aber wahrscheinlich kamen hier alle Farmer von den relativ großen Höfen in der Umgebung mit ihrem Gesinde am Sonntag her. Wir besichtigen die Kirche,  die über einer bewohnten Stelle aus der Eisenzeit angelegt wurde, die ihrerseits über Funden aus der Stein- und Bronzezeit lag. Danach wurde hier im 6. Jahrhundert  auch eine kleine keltische Kirche erbaut. Die Schutzheilige St. Senara, die Namensgebern der heutigen Kirche stammt wohl von der legendären bretonischen Prinzessin Asenora ab, die von Irland über die Bretagne auf der Welle der frühen Christianisierung von Cornwall gereist war.
Die früheste Aufzeichnung zur heutigen Kirche stammt aus dem Jahr 1150. Turm und ein Schiff wurden 1450 erbaut und die ganze Kirche wurde 1890 restauriert. Die Decke ist in typisch chorischer Manier gebaut wie ein Schiffsrumpf. Bekannt ist der Mermaid´s Chair, der aus dem Ende einer 500 Jahre alten Bankreihe besteht.Er wird in Verbindung gebracht mit dem Kantor Matthew Theresa, der vor langer Zeit von einer Meerjungfrau in das Meer gelockt wurde. Die Meerjungfrau war zur Kirche gekommen , um den jungen Mann singen zu hören, er hatte eine sehr schöne Stimme. Dann hat sie ihn mitgenommen in das Meer bei Pendour Cove. Never to be seen again!
In Zensor gibt es eine kleine Eismanufaktur, deren Marke "Moomaid" heisst.

Das Taufbecken stammt aus dem 13. und 4. Jahrhundert und ist bis heute in Gebrauch. Interessant ist auch der Glockenturm, einige der sechs Glocken sind noch aus dem 16. Jahrhundert. Von der Decke herunter hängen Seile für die Bellringer, denen das in englischen Kirche übliche Wechselgeläut zu verdanken ist. Hier eine Kostprobe aus der Kirche von Zensor: https://www.youtube.com/watch?v=p-Pyg7AyamU.

Sehr schön sind auch die vielen bunten bestickten Kissen (church kneelers), eine Tradition in englischen Kirchen, die das Knien  auf der Holzbank bequemer macht.

Auch der Friedhof ist interessant mit seinen vielen alten Grabsteinen. Im Grab gleich am Anfang liegen drei Familienmitglieder (siehe Fotos), die im Alter von 95, 100 und 105 Jahren gestorben sind. Es scheint hier ein gesundes Klima zu herrschen.

Wir spazieren weiter zum Küstenpfad. Armin will wieder eine Bank, ich lache ihn aus, hier ist richtiger hardcore Küstenpfad, da gibt es keine Bänke. Natürlich gibt es eine nur eine einzige , aber duh!

Ich gehe weiter den Küstenpfad entlang in westlicher Richtung. Der Weg führt über eine "Coombe", ein typisches Bild in Cornwall, eine Schlucht in den Klippen, durch einen Bach gegraben. Eine Combo führt immer in eine Cove, also eine kleine Bucht, häufig felsig. Das bedeutet für den Küstenpfad Achterbahn -Laufen. Erst hoch, dann runter, dann wieder hoch. Hier führen hohe Stufen steil bergab. Ich freue mich über ein Geländer. Bin ja auch kein "spring chicken" mehr.

Durch den hüfthohen Farn kämpfe ich mich über einen Trampelpfad weg vom Küstenpfad etwas näher an die Klippe und lande mit dem linken Fuß im Sumpf. Das ist aber noch nicht das unangenehmste für diesen Fuß heute.

Ich fotografiere, zeichne und blinzele in die Sonne. Rundum blühen Eriken, Montbretien, Stechginster, drüsiges Springkraut und viele andere Blumen. Am Küstenpfad stehen Fuchsienhecken, deren Rot weithin leuchtet.

Irgendwann mache ich mich dann wieder auf den Weg bergan und wir gehen nochmals in das Café, holen uns was zu essen und setzen uns draussen an einen Picknicktisch. Nebenan sind die Tinner´s Arms, ein netter Pub, der sich auch gelohnt hätte. Noch ein paar Häuser und Höfe und das war Zennor.

Zwar waren wir jetzt nicht in Barbara Hepworths Studio, aber ich möchte unbedingt zum Men-an-Tol einem Kreisstein, der aussieht wie ein Polo Pfefferminz und Barbara Hepworth, die Bildhauerin, sehr inspiriert hat. Im westlichsten Teil von Cornwall, in Penrith gibt es jede Menge Menhire und Dolmen und sogar ganze Steinkreise, wie den der Merry Maidens nahe Lamorna Cove, den wir ein andermal bereits gesehen hatten. Auch die eisen(?)zeitliche Siedlung von Chysauster liegt ganz in der Nähe.

Druidenland und New Age Favorit! An einem Baum wirbt ein Plakat für eine Veranstaltung im September, die irgendwas mit spirituellen Winden zu tun hat. Ich habe mir das nicht genauer gemerkt.

Wir fahren von Zennor etwa 4 Meilen weiter auf der Küstenstraße und biegen dann in der kleinen Siedlung Morvan nach links ab in Richtung Penzance. Irgendwo hier muss der Kreisstein sein. Wir erkennen die Stelle nur, weil in der Mitte von Nirgendwo auf einmal 5 Autos parken, da ist er wieder, der Yellowstone Effekt.

Dass auf der anderen Straßenseite ein Holzhinweisschild zum Public Nicht of Way mit dem Hinweis Men-an-Tol steht, konnte man gar nicht sehen. Das verwitterte kleine Hinweisschild ist optisch kaum vom grauen Holz des Stechginsters zu unterscheiden.

Penrith ist wild, windig, karg. Heide und Sumpfstellen bedecken das Innere, zwischendurch ein paar Getreidefelder und Weiden. Die kleinen knorrigen Bäume ducken sich vom Wind weg.
Die Hedherows (Hecken) weichen zunehmend reinen Steinmauern. Nach einem guten Kilometer erreichen wir Men-an Tol.

Ich lasse jetzt mal Wikipedia erklären, was das genau ist:
"Mên-an-Tol (kornisch für Lochstein) ist eine 3000 bis 4000 Jahre alte Megalithformation aus der frühen bis mittleren Bronzezeit und liegt in der Grafschaft Cornwall in England. Die Anlage wurde früher auch als Crick Stone oder Devil's Eye bezeichnet. Eine ähnliche Formation bilden zwei Menhire in Staffordshire in der Region West Midlands, die als Devil’s Ring and Finger (Teufels Ring und Finger) bezeichnet werden.
Die Formation besteht aus drei aufrecht stehenden Granitblöcken: einem mittleren, ringförmigen und zwei äußeren zapfenförmigen. Die Steine sind drei Meter voneinander entfernt. Ihre Höhe beträgt zwischen 1,1 m und 1,5 m. Der Durchmesser des Steinrings misst 1,3 m und die Öffnung ist 50 cm breit. Die Megalithen reihen sich ziemlich exakt entlang einer Linie von Südwest nach Nordost. Vor dem südöstlichen Menhir steckt ein weiterer Stein flach im Boden, zwei weitere befinden sich wenige Meter westlich. Weitere Steine konnten unter der Erdoberfläche lokalisiert werden. Mên-an-Tol hat eine Fülle von Folklore und Traditionen hervorgebracht. So wurde eine Frau, die bei Vollmond siebenmal rückwärts durch das Loch stieg, angeblich bald darauf schwanger. Es wurde früher auch erzählt, dass derjenige, der durch das Loch kroch, von Rückenerkrankungen und Gliederschmerzen geheilt würde. Kinder sollten vor Krankheiten geschützt werden, wenn man sie durch das Loch des Steins reichte. Die Anlage wurde auch zur Wahrsagerei und Abwehr von Verwünschungen genützt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mên-an-Tol

Letztlich hat die archäologische Forschung zwar festgestellt, dass der Lochstein Teil eines Steinkreises war, aber die Bedeutung des Loches ist immer noch unklar. Sagt jedenfalls Wikipedia.

Ich merke beim Fotografieren nicht, dass meine Schnürriemen meines Schuhs am linken Fuß auf sind und dann merke ich auch noch nicht, dass ich in Kuh- oder Schafmist getreten bin. Meine Schnürriemen auch, weil die waren ja nicht mehr als Schleife obendrauf. Ich wische mit feuchten Reinigungstüchern (gut, dass mein Rucksack allzeit bereit ist) erstmal die Schnürriemen ab, damit ich die Schuhe zubinden kann und versuche dann , den Mist an Steinen und Grassoden abzukratzen. Im Supermarkt habe ich mir 3 Topfschwämme für zusammen 15 Pence (!) gekauft und werde morgen weitermachen. Das Gröbste ist aber geschafft.

Danach sind wir in Richtung Penzance noch an einem ziemlich großen Dolmen vorbeigekommen.

SchönerAusflug bei tollem Wetter!

Sonnenaufgang in Falmouth

Der Stuhl der Meerjungfrau

Kirchenfenster St. Senara´s

Kneelers

Kneelers

Kneelers

Glockenseile

Lesbare Kopie 95/100/105

Original (stehend)

Sommerflieder im Kirchhof

St. Senara´s , Zennor

Der Bach in der Coombe

Küstenpfad mit Brücke

Pendour Cove

Pendour Cove

Pendour Cove

Pendour Cove

Weiden mit Hedgerows bei Zennor

Kleine Gabe am Lochstein

Landschaft Penrith

Der Lochstein 

..flankiert von 2 Standing Stones

Durchblick

Steinmauern um die Weiden

Erika und Stechginster




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