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Donnerstag, 15. Oktober 2015

Wanderung durch einen Sumpf und was es mit Totempfählen auf sich hat

Heute sind wir mit dem Auto die ca. 6,5 km Straßen auf Cormorant Island abgefahren. Es gibt einen Kindergarten, eine Grundschule, ein Minikrankenhaus, Zahnarzt, Allgemeinmediziner, Drogerie, Supermarkt , Friseur mit angeschlossenem Fitnessstudio. Wir parken am Campingplatz auf dem Hügelkamm , von dort gehen die Trails der Insel los, zunächst gehen wir entlang des Big Tree Trails und finden tatsächlich einige ganz schön große Douglasien. Es ist nebelig, noch kühl  und zwischen den Bäumen ziehen graue Schwaden entlang. Das Unterholz ist sehr dicht und wir fragen uns, ob es auf der Insel wohl Schwarzbären gibt. Für alle Fälle machen wir an den dichtesten Stellen ein bisschen Krach, aber die Mülleimer auf der Insel sind nicht wirklich bearsafe und ich sehe auch keinen Bärendreck. (Jetzt habe ich nachgeforscht, es gibt keine Bären und Pumas). Schließlich ist die Insel wahrscheinlich zu klein, obwohl es hier jede Menge Beeren gibt. Nach dem Trail durch den verwunschenen Wald kommen wir in das Bog (Moor/Sumpf)-Gebiet, durch das ein Boardwalk gebaut wurde, so dass man ganz nah an allen Pflanzen ist. Wenn der Wald schon verwunschen war, so ist dies ganz sicher der Ort, wo die Waldhexe wohnt. Eigentlich heißt sie Dzunukwa (Wilde Waldfrau). Sie beherrscht die Kinder, die Wesen und Geister des Waldes und fängt und frisst kleine Kinder. Allerdings ist sie nicht sehr schlau und so kann es gelingen sie zu überlisten und ein gefangenes Kind aus ihrer Kiepe wieder entkommen zu lassen. Ihre erhobenen Hände bedeuten Gefahr, sie ist schwarz und hat einen offenen Mund mit dicken Lippe und eine Hängebrust.
Glücklicherweise begegnen wir aber die Dzunukwa nicht usondern nur eine Frau, die ihren kleinen Terrier ausführt.
Eine Merkwürdigkeit gibt es aber zu berichten: Armin, der auf dem Boardwalk ein Stück vor mir ging, hat ein großes Tier vorbeilaufen sehen, dass entweder ein großer streunender Hund oder ein Wolf war. Als ich am Spätnachmittag in der Nähe des Umista Museums Totempfähle abgezeichnet habe, hörte ich ein Heulen, dass wie das eines Wolfes klang. Hunde können natürlich auch heulen. Aber vielleicht war es auch der legendäre Waldmensch, der Sasquatch, der sich hier umgetan hat. Es gab nämlich im September bereits so viele Handytonaufnahmen von Heulen und Schreien, dass ein bekannter Sasquatch-Forscher auf die Insel gekommen ist. "B.C. has the highest number of Bigfoot sightings out of any province, with 130 recorded sightings between 1924 and 2013, according to the Bigfoot Field Researchers Organization.", darüber berichtete auch CTV Vancouver News: http://vancouverisland.ctvnews.ca/very-eerie-bizarre-howls-spark-sasquatch-hunt-on-remote-b-c-island-1.2578210
Wer weiss, was (wen) wir gehört haben.......!

Nach dem Waldspaziergang gehe ich noch in das Haus Culture Shock, das heute aufhat. Darin treffe ich die Frau mit den (blonden) Zöpfen wieder, der die Galerie in unserem Gasthaus gehört und die Schmuck anfertigt und in deren Laden allerlei Selbstgehäkeltes und Gestricktes von den Frauen im Dorf verkauft wird. Ich habe ihr wenigstens Lesezeichen abgekauft. Der Culture Shock Laden gehört aber einer First Nation Frau. Auch hier gibt es vor allem Schmuck. Ich kaufe mir wunderschöne Perlmuttohrringe und komme mit der Frau ins Gespräch. Sie fragt, ob ich gleich wieder mit der Fähre abfahre, aber ich sage, dass wir keine Tagesbesucher sind, sondern drei Nächte auf der Insel bleiben. Sie fragt, ob wir schon im Umista-Museum gewesen seien und ich bewahre das. Ja, auch den dort gezeigten Film von einem Potlatch hätten wir schon gesehen. Da erzählt sie, dass sie den Film gedreht habe und zeigt mir 5 Filme, die sie gemacht hat in einer Zedernholzkassette, die aber CanD 190,00 kostet. Mich interessiert die Kunst der Indianer, aber vielleicht so sehr dann doch nicht. Ich erzähle, dass wir ein Box-Set DVD´s zuhause haben, moderiert von David Attenborough und gefilmt in den 70er Jahren mit dem Titel Tribal Arts und dass wir darin, noch nicht wissend, dass wir nach Kanada fahren, eine Sendung über die Kunst der Indianer im Nordwestpazifik gesehen hätte, Darauf sei ein Bericht aus Haida Gwaii (Queen Charlotte Island) und von dieser Insel gewesen, inklusive der Darstellung eines Potlatchs im Big House. Da erzählt mir die Dame, dass dies ein Potlatch gewesen sei, den ihre Oma initiiert hätte und sie könne sich noch gut an David Attenborough und den Regisseur erinnern, die im Haus der Großmutter Mittag gegessen hätten. Sie selbst sei als 13-jährige auch auf dem Film zu sehen.

Mit dem Potlatch hat es das Folgende auf sich: Es sind Zusammenkünfte, die mit oft hunderten Clanangehörigen in einem Longhouse/Big House abgehalten werden. Die Familie, die einlädt, demonstriert ihren Wohlstand mit der Zurschaustellung kunstvoll geschnitzter Masken, Kostüme, Schmuck und Gebrauchsobjekten. Es werden die seit dem letzten Potlatch Verstorbenen in einem Tanz geehrt, weitere traditionelle Tänze um ein Feuer aufgeführt und Geschichten und Legenden erzählt. Das Potlatch unterbricht die langen Wintermonate, in denen die Dunkelheit dir Geister wieder nährgebracht hat. Der Einladende verteilt auf dem Potlatch an die Anwesenden viele Geschenke ( von Geld über Wolldecken, Töpfe, Mixer und Schüsseln), beim nächsten Potlatch erwartet man dann, dass man ein Geschenk von höherem Wert als Gegengabe macht.

Im Umista Museum sind die bei den Tänzen verwendeten Masken ausgestellt. Darunter ist eine wunderschön geschnitzte Maske, die einmal André Breton gehört hat und der sie in seiner Bibliothek aufgehängt hatte. Er hat sie später aber den First Nation  zurückgegeben.

Neu geschnitzte Masken kann man hier auch kaufen , die Preise liegen bei etwa 500 CanD aufwärts. Ein neu gestalteter Totempfahl kostet etwa 6.500 CanD pro METER. Kein Wunder allerdings, den neben der Arbeit, die drin steckt, kostet das Zedernholz so viel (wie berichtet).
Jay, der Guide in der Lodge hat erzählt, dass er eine First Nation Freundin hat, die aus Zedernrinde Körbe nach alter Kunstfertigkeit erstellt. Er hat beim Vorbereiten (Einweichen, Fasernderen usw.) einmal geholfen. Der Korb war hinterher so dicht, dass man darin Wasser transportieren konnte. Jay meinte, es wären so viele Arbeitsstunden, dass 700,00 CanD nicht zu wenig dafür wären. Auch die traditionellen Hüte werden aus diesen Fasern geflochten.

Jetzt noch einmal was zum Totempfahl:
Der Totempfahl (Stammbaum), geschnitzt aus riesigen Zedernholzstämmen  ist eines der wichtigsten Kunstobjekte der Küstenindianer. Der vollendete Totempfahl wird mit traditioneller Feierlichkeit aufgestellt und er "lebt" und "altert" wie ein Mensch. Ein Totem Pole ist aus den Figuren der Familiengeschichte und des Familienwappens zusammengesetzt. (Clan der Raben zum Beispiel). Der Totem Pfahl wird von unten nach oben gelesen und die unterste Figur ist zumeist die Bedeutendste. Häufig werden Schnabel oder Flügel eingefügt.
Häufige Tierfiguren in Masken, Kostümen, auf Schmuck und Totempfählen sind: Wal, Hai, Lachs, Frosch,Adler, Bär (häufig mit Lachs in der Tatze), Biber, Wolf, Orca, Mensch und Waldmensch und natürlich Thunderbird, der Donnervogel.
Quelle: Infos entnommen der Broschüre: Karin Clark, "Die Kunst der Indianer an der pazifischen Nordwestküste:Sehen und verstehen, Ravenpublishing 2007.

Am Nachmittag lädt die Terrasse ein zum Sonnen und Lesen.
Morgen geht es weiter nach Madeira Park. Wir müssen drei verschiedene Fähren nehmen , die natürlich nicht perfekt koordiniert sind. Mal sehen, ob wir zuletzt erst die 21.00 Fähre bekommen. Hier geht es jedenfalls um 9.30 mit der ersten Fähre los. Zu fahren sind insgesamt nur 4 Stunden.

Wir könnten uns gut vorstellen, noch mehr Zeit auf Cormorant Island zu verbringen. Ein wunderbar gemächlicher Rhythmus , überschaubare Aktivitäten und man könnte auch noch einen Ausflug nach Malcolm Island machen, wo mit der Ortschaft Sointula Finnen ihr Arcadia gesucht haben:

"Sointula means “place of harmony” in Finnish. This charming seaside town on sprawling Malcolm Island was established as a community in the late 19th century when a colony of Scandinavian settlers arrived with utopian dreams of building the perfect community. While that vision was derailed within a decade, there’s no question these visionaries chose the right place for a fresh air and salt water paradise on earth."
http://www.vancouverislandnorth.ca/communities/sointula/

P.S.: Wir fahren dauernd an Schildern vorbei, wo 49 bzw weiter nördlich 50 Breitengrad steht. Ich habe mal nachgeguckt: Köln/Leverkusen liegen auch auf dem 50. Breitengrad. Ich hätte gedacht, wir seien viel weiter nördlich!

Regenbogen Johnston Strait


Blick von der Terrasse

Alter Pier, Alert Bay

U´mista Haus der Nahgis First Nation, Alert Bay

Schulkinder stellen aus

Chief Takush Fischerboot in Alert Bay

Seine Boat Inn, unsere Unterkunft

Treibholz (Stamm mit Wurzel)

Gespenst in der Dunkelheit: BC Nachfähre Port Neil nach Alert Bay

Beim Aufwachen: Nebel

Hauteinkaufsstraße von Alert Bay

Hoke Bäume, Big Tree Trail, Alert Bay

Größenvergleich (wenn Armin den linken Teil mit aufgenommen hätte...)

Bog Trail - auf dem Holzsteg durch den Sumpf

Flechten wie Bärte überall

Feen im See?

Vereinsheim Fußballplatz

Welthöchster Totempfahl (50 m)

Basis des großen Totempfahls

Nebelbänke

Fähre kommt tutend aus der Nebelbank

Wir sitzen in der strahlenden Sonne 
Unser Einzimmer-Apartment

Terrasse (geht einmal rum)




Mittwoch, 14. Oktober 2015

Buchstäblich auf den Spuren der Grizzlies zu Fuß unterwegs und nochmal Buckelwale

Weiter geht es zunächst einmal mit dem Rest des 11. Oktober:

Nach dem Lunch legen wir wieder mit dem Shuttleboot zum anderen Ufer ab. Wir, das sind Armin und ich, Judith und Anthony aus St. Albans und unser Guide Jay. Es regnet immernoch in Strömen. Wir haben aber regenfeste Jacken, Regenhosen und Gummistiefel an. Armin fährt Shotgun mit Jay und wir anderen drei setzen uns safaristyle hinten auf die Sitze auf der Ladefläche. Die ist zwar überdacht mit einer Plane, aber der Regen kommt schräg herein und die Plane nützt gar nichts. Wir rumpeln eine halbe Stunde -mindestens- zunächst am Parkplatz der Bärenbeobachtungsstation vorbei und dann immer weiter den Weg hoch über eine Piste voller Geröll in Richtung Berggipfel. Ein Stoat Weasel läuft über den Weg, sonst ist es ruhig, die Bären haben es unter den Bäumen trockener;)!

Schließlich hält der Wagen und es geht zu Fuß weiter. Vor ein paar Jahren hat die Lodge hier einen Boardwalk bauen lassen, der voll von Treppenabschnitten den Berg weiter hinauf bis zu einer Plattform unterhalb des Gipfels führt. Ich fühle mich auf dem Boardwalk relativ sicher, bis Jay erzählt, dass die Bären den Boardwalk bevorzugt nutzen, da sie hier schneller voran kommen als durch das Unterholz.

Also doch nicht sicher hier oben. Jay scheint aber zu wissen, was er tut. Vor uneinnehmbaren Biegungen singt er "He Yo" , das verjagt die Bären zwar nicht, führt aber dazu, dass sie nicht erschrecken, wenn man um die Ecke biegt. Angriffe erfolgen wohl vor allem dann, wenn die Bären überrascht werden. Der Guide hat übrigens hier immer einen Rucksack mit (Erste Hilfe Koffer??), Funkgerät, Messer und in einem Holster am Gürtel eine Dose Pfefferspray, die man in Kanada als Privatperson aber übriges nicht kaufen  darf. Trotz mehrerer Zusammentreffen mit Bären hat Jay das Spray nie benötigt. Generell seien die Grizzlies keine Monster, die ungefragt auf alles zugehen, dass 2 Beine hat, sondern im Grunde uninteressiert an Menschen. OKaaaaay.

Alle 200 Meter bleibt Jay stehen und erklärt uns die Pflanzenwelt, vor allem, welche Kräuter, Blätter, Rinden von den Indianern für  (besser: gegen)welche Krankheiten verwendet werden. Ein Nadelbaum ist besonders interessant, die Amabilis Fir oder Purpurtanne. Sie wächst im Regenwald der gemäßigten Zone von Oregon bis Yukon, hat einen schmalen silbernen Stamm, der mit kleinen Pickeln versehen ist. Die Purpurtanne ist einer der am schattenaffinsten Bäume und übersteht selbst Jahrzehnte nur im Schatten. Kratzt man einen der Pickel auf, läuft Harz heraus. Es riecht nach Fichtennadelbadesalz und wird von den Indianern schon immer zur Wundbehandlung benutzt. Mückenstiche, Schnittwunden, Amabilis hilft. Durch das klebrige Harz verklebt die Wunde zudem. Man kann den vitaminhaltigen Harz auch essen. Ich probiere einen Tropfen (schmeckt wie Badezusatz in Honigkonsistenz)und stelle hinterher fest, dass mir die Lippen zusammenkleben. Ich schlage Armin vor, mir das einfach öfter mal zu geben...;)! Findet er gut!

Außerdem lernen wir alle Beeren kennen (glücklicherweise sind die inzwischen fast alle ab und daher für die Bären uninteressant geworden), außerdem z.B: welche Blätter sich als Toilettenpapier eignen und welche man auf gar keinen Fall nehmen soll. Wir kommen glücklicherweise ohne Bären und ohne Toilettenpapier zu brauchen auf der Aussichtsplattform an, die einen weiten Blick über den Knights Inlet ermöglicht, allerdings ist alles grau in grau und voller Wolken. Auch auf dem Rückweg zum Wagen kommt kein Bär. Wir sehen aber frische Bärenspuren in Form von Pfotenabdrücken und Exkrementen ("Scat"). Ein Pfosten des Boardwalks ist bei den Grizzlies ein beliebter Kratz-"baum". Er dient der Kommunikation und wir sehen viele Haare daran kleben. Die Forscher, die in der Lodge leben (Post-Doc Melanie aus England und ihr Mitarbeiter, ein Doktorand) bringen übrigens in der Nähe bekannter Kratzbäume Webcams an und vergleichen dann die gefundene Haar-DNS mit den Bilder der Bären, um so Muster auszumachen. Auf der Webcam an der Bootsanlegestelle gegenüber der Lodge war vor ein paar Tagen ein Puma zu sehen.Wir fragen uns, wo die Schwelle liegt zwischen dem Extrathrill , den das Wandern im Grizzlyterritorium hat und ab wann es umschlägt in überwiegendes Unbehagen oder sogar Angst.

Ich springe später am Nachmittag, nach einem heissen Kaffe wieder warm geworden (die Rückfahrt im Auto haben wir alle drinnen im Wagen gesessen), auf ein Schiff, dass gerade die Inlet Tour macht.
Ein Buckelwal schwimmt nicht weit von der Lodge entfernt. Er läßt sich natürlich wieder nicht fotografieren (Teleobjektiv und schaukelndes Boot in kommender Dämmerung gehen leider gar nicht zusammen). Dafür höre ich das erste Mal einen Wal singen, oder besser sich beschweren. Der Guide erklärt, dass ihm etwas missfällt, also dem Wal. Es ist ein durchdringender Klagelaut.

Diesen Abend gibt es ein Thanksgiving Dinner , denn Thanksgiving Wochenende ist in Kanada jetzt (Sonntag, 11. und Montag 12.10.). Es gibt Truthahn und Schweineschinkenbraten, Kartoffelpüree und  Broccoli, Preiselbeeren, Gravy (Soße), Stuffing (Füllung), Salat und zur Vorspeise einen Berg Krabben, Krebsscheren und Spinatmousse im Teigboden. Zum Nachtisch Tante Friedas (oder so ähnlich) Pumpkin Pie, natürlich, was sonst!

Der Abendtalk wird von einem ruhigen Guide gestaltet, der -wie eine Gute-Nacht-Geschichte - die Story von Tom Brown erzählt. Tom Brown war mit seinem Vater im frühen 19. Jahrhundert aus Carlisle in Nordengland nach Kanada ausgewandert. Es war die Zeit des Goldrauschs und eine hektische Betriebsamkeit in den Häfen der Westküste. Der Kabinengenosse von Tom machte in Kanada sein Glück, fand Gold und baute damit eine Schiffahrtslinie auf, die die ganzen Außenposten der vielen Inseln und Inlets versorgte. Tom fand auf einem seiner Schiffe Arbeit. Einmal war das kleine Frachtschiff ,auf dem er durch seinen Kabinenfreund Arbeit gefunden hatte, im Knight Inlet unterwegs, um den Holzfällern und Trappern dort Dosenlachs zu bringen. Das Schiff kam in einen Sturm und ging unter, Tom war bewusstlos und wachte mit einem Arm über einer Kiste mit Lachs in Dosen am Ufer des Inlets wieder auf. Er rechnete damit, dass in den nächsten Tagen Hilfe kommen würde, da er davon ausging, dass das Schiff gesucht werden würde. Tom Brown hatte kein Werkzeug dabei und konnte sich so kein Kanu oder Floss bauen. Nachdem also nach 4 Wochen immer noch keine Hilfe kam und der Vorrat an Dosenlachs kleiner wurde, lebte er -den Bären abguckend- von Beeren, Schilfwurzeln und Fisch.
Um die lange Geschichte abzukürzen: 42 Jahre lebte er dort, mindestens. Zweimal kam nach vielen Jahren ein Trapper oder Holzfäller zufällig vorbei. Tom Brown erzählte seine Geschichte am Lagerfeuer. Jedoch beide Male war er spurlos verschwunden, wenn am nächsten Tag Hilfe kam. Er wurde nie wieder gesehen.

Danach geht es ins Bett und morgens um 6 Uhr wieder der Wecker. Vor dem Abflug wird es nämlich noch einen Bootsausflug um halb 8 beim ersten Tageslicht geben.

12. Oktober:

Nachdem der Regen am Vorabend nachgelassen hatte, klatscht es jetzt wieder in Strömen vom Himmel herunter. Ich ziehe den dicken Ganzkörperanzug mit eingebauter Schwimmweste an. Der Regen ist so stark, dass ich nur meine wetterfeste Kamera benutzen kann, trotz baldachinähnlicher Art Dach. Beim Besteigen des Bootes große Aufregung, direkt am Breakwater der Lodge (sprich hinter der aneinandergekettete Reihe Baumstämme, auf denen die Seehunde übernachten) taucht die große Schwanzflosse ("fluke" ) eines Buckelwales auf. Wir sehen ihn danach zwar immer wieder, aber es ist völlig unvorhersehbar, wo er auftaucht. Daher fahren wir weiter zum Estuary, also dem sumpfähnlichen Mündungsbereich des Glendale Rivers in die Glendale Cove.

Jetzt ist Ebbe und eine große Fläche Schlick ist freigelegt. Dort werden Lachse angeschwemmt, die nach dem Ablaichen abgestorben sind. Es ist schier unglaublich, aber Felsen, Stämme, Baumäste, alles ist voll von Adlern. Es sind mindestens 100 gleichzeitig. Am Ufer suchen drei Grizzlies nach fetter Beute. Einer hat wohl einen lebenden Lachs im seichten Wasser entdeckt und platsch ihm einige Meter durch das Wasser , dass hoch aufspritzt, hinterher. So ein bisschen haben Bären ja etwas zeichentrickmäßiges. Fototechnisch: siehe oben(Teleobjektiv und schaukelndes Boot in der Morgendämmerung gehen leider gar nicht zusammen). Aber man kann wunderbar mit dem Fernglas das Treiben beobachten. Die Lachse sind ein Schlachtfest für viele Tiere!

Dann geht es zurück zur Lodge und schon bald treffen die beiden Wasserflugzeuge mit neuen Gästen ein. In 2 Verschlägen (bezeichnet mit  Plane 1 und Plane 2) lagern am Steg, an dem die Flugzeuge nacheinander halten, die Koffer der Gäste und Abfall, der von den Flugzeugen mitgenommen werden soll. Aller Müll wird zum Festland zurückgebracht. Wir sind wieder im orangenen Flugzeug, Schwiegertochter, Frau und Enkelin-Baby des Lodgeinhabers fliegen unter anderem mit uns (Pilot scheint gut zu sein...), auf dem Schoß der Frau 4 Container mit  Thanksgiving Essen von gestern.

Beim Fliegen klart es ein bisschen auf-um bei Campbellriver wieder in Regen und Nebel überzugehen. An mehreren Stellen sehen wir Riesenflöße mit Baumstämmen, die an einem Logging-Dump ins Wasser gerollt wurden und dann offenbar irgendwie zusammengehört von Booten als riesige Baumteppiche weggebracht werden.

Wir verabschiedeten uns bereits am Kai von den Mitreisenden, die noch eine Nacht länger haben, denen die das andere Flugzeug nehmen und schließlich in Campbell River von denen, die mit uns geflogen sind. Es ist immer wieder eine besondere Gemeinschaft, die sich in den kleinen Lodges bildet. Man sitzt zusammen beim Essen, oder im Boot, taucht beim 6 o´clock sundowner (hier nicht sichtbar) die Erlebnisse des Tages aus und erfragt Reiserouten, erhält und gibt Tipps für die, die die Routen in anderer Reihenfolge machen und erfährt natürlich auch persönliche Hintergründe.
Es sind vielleicht 30-40 Leute da, inklusive eines Familientreffens der Lodgeeigentümer.

Armin und Frank (aus Chestershire, er war Forscher bei Astra Seneca) stellen fest, dass ein Mitarbeiter und Freund von Frank zu Bayer in die Pharma nach Wuppertal gewechselt ist, auch weitere Bekannte gibt es. Seine Frau ist Mathematikerin, hat als Demographin und (in den USA) als Lehrerin gearbeitet, ist seit ein paar Jahren pensioniert, hat sich gelangweilt und nochmal Architektur studiert und arbeitet heute als ehrenamtliche Archäologie-Teamleiterin für Projekte des National Trust. Dann ist da noch ein junges Paar aus Australien, Rachel und ihr Mann A (Rest vergessen), Judith und Anthony aus St. Albans, eine Alleinreisende junge Frau aus London und viele andere, deren Namen ich nicht behalten habe. Gabriel aus London und seine Mutter, zum Beispiel. Oder ein Paar aus Victoria, sie Spanierin, die schon als Kind nach Venezuela kam und in den USA studierte, er Ungar, der sich freute mit uns einmal deutsch sprechen zu können, da er in Bayern in der Schule war. Beide haben sich in Toronto kennengelernt und sind vor ein paar Jahren in der Westen gezogen, aus Leidenschaft für die Natur und Lebensart. Es sind auch ein paar Leute da, die von hier , also nach den Grizzlies nach Winnipeg weiterfliegen und von dort aus in der Tundra und in Churchill Eisbären gucken wollen. Das ist mir ein bisschen zu viel Trophy Hunting und kostet wahrscheinlich ein Vermögen. Generell sind alle Leute nett und enthusiastisch und Jay, der Gude bestätigt mir, dass nur Wenige zu der Gruppe "Abhaken" gehören.

Es ist aber schon so, dass eigentlich alle schon einmal in Afrika auf Safari waren und fasziniert von den Tierbegegnungen, dies auch in Kanada erleben wollen. Es sind Leute mit Northface  oder anderen Outdoor- Jacken (North Face gewinnt!) , Wanderschuhen, Regenjacken und Ferngläsern.

Vor allem Briten sind hier, nach Auskunft eines Guides sind dies 60 % aller Gäste, derzeit offenkundig noch mehr. Sehr viele Deutsche wohl nicht, aber die Lodge muss man natürlich erst einmal kennen und billig ist sie auch nicht. Warum dies so ist, ist eine interessante Frage zur Zielgruppenforschung.

Zurück in Campbell River fahren wir mit unserem Wagen immer weiter den Highway 19 in Richtung Norden. 185 Kilometer sind es noch bis Port Neil. Dazwischen liegt nur der Ort Boss und vorher noch, 10 km von der Straße entfernt, der kleine Ort Hayward. Sonst gibt es nur Wald und Wasser. In Woss müssen wir dringend tanken. Der General Store/Tankstelle sieht aus wie eine Filmlocation, nebenan ist eine Karaoke Bar mit Zielpublikum Logger. Sonst gibt es nur noch eine Handvoll Holzhäuser und einen Holzbahnhof, auf dem neben schwerem Gerät auch eine uralte Lok abgestellt ist.

In Port Mc Neill kaufen wir ein paar Lebensmittel ein, vor allem frische Sachen, weil wir nicht wissen, wie groß der Laden in Alert Bay ist und fahren um 14.15 Uhr auf die Fähre. Nach einer knappen Stunden kommen wir am kleinen Hafen an. Noch 1976 waren hier 1000 Boote im Hafen, entlang der Bucht gab es unzählige Pubs und das Taxiunternehmen kaufte eine Art Bus, mit dem es regelmäßig die einzelnen Pubs abfuhr. Wahrscheinlich hat der Niedergang mit dem der Fischschwärme zu tun. Das muss ich noch herausfinden. 132 Fahrzeuge gab es zudem in den 60er Jahren bei 6,4 Km Straße, ein Rekord , der den Ort in das Guiness Buch der Rekorde brachte.
Es gibt  jetzt viel Leerstand und aufgegebene Bootsschuppen, aber dennoch wohnen hier noch 1.500 Menschen, darunter viele First Nation Einwohner. Es ist jetzt halb fünf und Armin hat mich gerade herausgerufen, weil ein Boot anlegte und ein Schulbus auf den einen Pier fuhr. Die Schulkinder kommen zur Insel zurück!

Unsere Unterkunft, das Seine Boat Inn, ist ein ehemaliger Speicher zum Einsalzen der Fische, auf Stelzen über dem Meer. Ein Seine Boot war ein bestimmter Typ Fischerboot.
Wir haben ein großes Zimmer mit Bett, Sitzecke und Kochzeile und einem Panoramablick von 200 Grad über die Inner Passage. Armin kann also wieder den Harbourmaster spielen. Gestern haben wir einen Abendspaziergang in strahlender Sonne (endlich mal wieder!) zum einen Dorfende gemacht, vorbei am alten Indianerfriedhof. Heute haben wir einen zweiten Rundgang durch das Dorf in die andere Richtung gemacht und uns das Umista-Museum angesehen. Jetzt sitzen wir auf der Terrasse bzw. vor dem Fenster und faulenzen und gucken, ob wir doch noch ein paar Orcas sehen.

Morgen mehr zu den Indianern (First Nation) der Insel und ihren Totempfählen und Potlachs.

P.S. Sorry, bei den nachfolgenden Bilder hat das System die eigentlich chronologische Reihenfolge der Bilder durcheinandergebracht und ich kann es nicht im Nachhinein ändern!

Der Tagesplan in der Knight Inlet Lodge

Der "Above the Clouds Walk" 

Als Arznei verwendbar: Pflanzen, z.B. Deerfarn

Aussicht könnte besser sein...

Abschied von der Lodge

Kratzpfahl am Boardwalk: Bärenhaare

Im Umkleideraum der Lodge

Abschied von der Knight Inlet Lodge 2

Appetizer: Dungeness Crab, frisch geerntet

Einige der 100 Adler im Morgengrauen

Schlafzimmer in der Lodge

Originalgröße eines bekannten Grizzlies

Jess, eine der Guides

Die Lodge vom Flugzeug aus gesehen

Unendliche Wälder und immer wieder Wasser 


In der Ferne ein Holzfloß mit Schleppboot erkennbar

Im General Store von Woss

Der Holzfällerbahnhof

Unser Zimmer in Alert Bay, Cormorant Island

Namgis First Nation Begräbnisstätte

Totempfahl, immer von unten nach oben lesen

Unten die kinderfressende böse Waldhexe



Nochmals Knight Inlet, Grauschattierung

Alert Bay, das Haus in der Mitte ist unser Gasthaus

Alte Lok für Uli!

Woss General Store